Gemeinsam gegen Pneumokokken: Prävention und Schutz zum Welt-Pneumonie-Tag (12.11.24)
Pneumokokken sind eine der Hauptursachen für schwere Infektionen wie Lungenentzündungen (Pneumonien), Blutvergiftungen und Hirnhautentzündungen. MSD Schweiz (Merck Sharp & Dohme AG) nutzt den Welt-Pneumonie-Tag, um auf die gravierenden Auswirkungen von Pneumokokken-Erkrankungen und die Bedeutung von Präventionsmassnahmen aufmerksam zu machen.
Der Welt-Pneumonie-Tag findet jedes Jahr am 12. November statt.
In der Schweiz erleiden jährlich rund 1’000 Menschen eine schwere Pneumokokken-Infektion.
Besonders betroffen sind Kinder unter zwei Jahren und Erwachsene über 65 Jahre, sowie Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen.
Pneumokokken sind Bakterien im Nasen-Rachen-Raum.
Pneumokokken können ohne Symptome vorhanden sein, aber auch schwere Krankheiten verursachen.
Die effektivste Massnahme zur Prävention von Pneumokokken-Erkrankungen ist die Impfung
Pneumokokken-Erkrankungen stellen ein erhebliches globales Gesundheitsproblem dar. Jedes Jahr erkranken weltweit mehrere Millionen Menschen an einer Infektion mit Pneumokokken, viele davon mit tödlichem Ausgang. (1) Auch in der Schweiz sind die Zahlen alarmierend: Jährlich erleiden rund 1’000 Menschen eine schwere Pneumokokken-Infektion, meist in Form einer Pneumonie, von denen etwa 100 Erkrankte sterben. (1)
Besonders betroffen sind Kinder unter zwei Jahren und Erwachsene über 65 Jahre. (2,3) Noch immer wissen viele Menschen nicht, was Pneumokokken-Erkrankungen sind und welche Auswirkungen diese auf sie oder ihre Familienangehörigen haben können. Aus diesem Grund wurde 2009 der Welt-Pneumonie-Tag ins Leben gerufen, der jedes Jahr am 12. November begangen wird. (4)
5 Fragen an Prof. Dr. med. Jörg D. Leuppi
1. Welche Fortschritte wurden in den letzten Jahren bei der Behandlung von Pneumokokken-Erkrankungen erzielt? Pneumokokken sind der häufigste Grund für eine Lungenentzündung. (1) Sie sind auch ein häufiger Grund für das Versterben an einer Lungenentzündung. (1) Dabei versterben vor allem multimorbide Menschen, d.h. vorwiegend alte Leute, an einer Lungenentzündung, die durch Pneumokokken verursacht wurde. (1,2) Einer der grössten Fortschritte in den letzten Jahrzehnten sind sicher die Antibiotika. Eine bakterielle Pneumonie, zu der die Pneumokokken-Pneumonie gehört, ist der beste Grund, ein Antibiotikum einzusetzen: je schneller, umso besser. Junge Leute sterben heutzutage nur noch sehr selten an Pneumokokken. (1) Das war vor der Verfügbarkeit von Antibiotika noch anders.
2. Warum ist die Pneumokokken-Impfung besonders für ältere Menschen wichtig? Die Pneumokokken-Impfung ist gemäss Schweizer Impfplan bei älteren Menschen über 65 Jahren empfohlen. (3) Speziell empfohlen ist sie zudem bei Menschen mit chronischen Erkrankungen (chronische Herz-, Lungen-, Nierenerkrankungen). (4) Das macht Sinn: durchschnittlich erkranken 8 von 100'000 Menschen, die an einer Pneumonie erkranken, schwer, d.h. sie müssen eine Intensivstation aufsuchen. Bei Menschen mit einer chronischen Vorerkrankung, wie beispielsweise einer COPD oder Asthma, sind es 40–43 schwer erkrankte Patienten pro 100'000 Pneumonie-Erkrankten. Einfach gesagt: Je multimorbider man ist, desto schwerer trifft eine Pneumokokken-Infektionen einen. Deshalb macht es Sinn, sich impfen zu lassen, wenn man chronisch krank ist oder wenn man über 65 Jahre alt ist. (3,4)
3. Welche Symptome sollten Patienten ernst nehmen und sofort ärztliche Hilfe suchen? Eine Lungenentzündung führt zu Husten, Atemnot, Fieber und Schmerzen beim Atmen. (2) Wenn ich erkältungsähnliche Symptome habe, wie neben Fieber auch Atemnot oder massiven Husten, dann sollte ich einen Arzt aufsuchen. Die Kunst ist es, zwischen einer banalen Erkältung, einem banalen grippalen Infekt und einer Lungenentzündung zu unterscheiden. Eine banale Grippe, die man zu Hause behandeln kann, ein viraler Infekt, eine Erkältung, braucht kein Antibiotikum, während die Lungenentzündung nach einem Antibiotikum schreit. Fieber, Husten, Atemnot und sich unwohl fühlen: dann sollte man zum Arzt gehen.
4. Wie erfolgt die Diagnose einer Lungenentzündung? Das Wichtigste ist immer die Anamnese (seit wann bestehen welche Symptome). Dann nimmt der Hausarzt, die Poliklinik oder die Notfallstation Blut. (5) Eine Lungenentzündung macht typischerweise einen Anstieg verschiedener Entzündungswerte. Für die Diagnose wird auch die Lunge abgehört; man kann die Lungenentzündung oft hören. Beweisend ist schlussendlich, dass man nebst der Klinik (Fieber, Husten und Atemnot) und erhöhten Entzündungswerten, auf dem Röntgenbild die Lungenentzündung sieht. (5) Rein formal kann man eine Lungenentzündung auch ohne Röntgenbild diagnostizieren. Wenn man als Hausärztin/Hausarzt Hausbesuche, zum Beispiel in einem Altersheim macht, die Patient/-innen die Pneumonie-typischen Symptome haben und die Hausärztin/der Hausarzt die Lungenentzündung mit dem Stethoskop hören, so kann man eine Lungenentzündung diagnostizieren und sofort behandeln. Aber sobald man in eine Gesundheitseinrichtung kommt, die ein Röntgenbild machen kann, dann gehört dieses dazu. (5)
5. Wie können Familien ihre Angehörigen vor einer Pneumokokken-Infektion schützen? Menschen, die älter als 65 Jahre alt sind oder chronische Erkrankungen haben, sollten sich gemäss Schweizerischem Impfplan überlegen, die Pneumokokken-Impfung zu machen. (2) Im Gegensatz zur Grippe-Impfung, die man jährlich machen muss, muss man die Pneumokokken-Impfung nur einmal machen. Und nachgewiesenermassen hilft diese auch: es gibt erste Daten, die zeigen, dass Leute, die sich impfen liessen, auch deutlich weniger Pneumokokken-Infektionen haben. (6)
Und, wenn wir von der COVID-Pandemie etwas gelernt haben, dann, dass das Tragen von Masken auch einen guten Schutz bietet. Während der Pandemie sahen wir beispielsweise einen signifikanten Rückgang der Krankenhauseinweisungen wegen akuten Exazerbationen der COPD7) (chronisch obstruktiven Lungenerkrankung), was auch in Studien belegt ist. (8,9) So erachte ich für Menschen mit chronischen Erkrankungen und für ältere Menschen auch das Tragen einer Maske, speziell in den kalten Wintermonaten, wo am meisten Infektionen auftreten (10), als wichtige und sinnvolle Präventionsmassnahme.
Pneumokokken: Gefährliche Bakterien und ihre Folgen
Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) sind Bakterien (Abb. 1), die im Nasen-Rachen-Raum vieler Menschen vorkommen. (1) Sie können ohne Symptome vorhanden sein, aber auch schwere Krankheiten verursachen, insbesondere wenn das Immunsystem geschwächt ist. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, etwa beim Niesen oder Husten. (1) Zu den durch Pneumokokken ausgelösten Krankheiten gehören neben Blutvergiftungen und Hirnhautentzündungen vor allem Pneumonien. (1) Trotz medizinischer Fortschritte sind Pneumonien noch immer die häufigste Todesursache bei Infektionskrankheiten in industrialisierten Ländern. Die Behandlung erfolgt in der Regel mit Antibiotika, jedoch erschweren zunehmende Resistenzen die Therapie und unterstreichen die Bedeutung präventiver Massnahmen wie Impfungen. (1)
Besonders gefährdet: Wer Pneumokokken ernst nehmen muss
Pneumokokken-Erkrankungen betreffen vorwiegend besonders gefährdete Personengruppen. Dazu gehören vor allem kleine Kinder unter zwei Jahren, deren Immunsystem noch nicht vollständig entwickelt ist (3), sowie ältere Erwachsene ab 65 Jahren, deren Immunabwehr mit zunehmendem Alter abnimmt. (2)
Auch Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen wie Herz-, Lungen- oder Nierenerkrankungen sowie Personen mit einem geschwächten Immunsystem sind besonders gefährdet. (1) Um diese Risikogruppen gezielt zu schützen, sollte das Bewusstsein für die Gefahren einer Pneumokokken-Infektion geschärft werden. So ist es speziell für Grosseltern wichtig, die möglichen Auswirkungen einer Pneumokokken-Erkrankung auf die eigene Gesundheit und die ihrer Enkelkinder zu kennen; insbesondere im Hinblick auf Pneumonien, deren Verläufe oft unberechenbar sind.
Pneumokokken-Impfung rettet Leben
Die effektivste Massnahme zur Prävention von Pneumokokken-Erkrankungen ist die Impfung. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF) empfehlen die Pneumokokken-Impfung für alle Kinder unter fünf Jahren und für Erwachsene ab 65 Jahren. (2,3) Eine einmalige Impfung – für Menschen ab 65 Jahren und ungeimpfte Kinder zwischen 2 und 5 Jahren – kann das Risiko einer Pneumokokken-Erkrankung bereits erheblich reduzieren. (2,3)
Für die Altersgruppe der Kinder unter 2 Jahren kommt ein 3-Dosen-Schema mit einer Impfung im Alter von 2, 4 und 12 Monaten zur Anwendung. (3) Zudem wird eine jährliche Grippeimpfung empfohlen, da diese die Gefahr einer Pneumonie weiter senken kann. (2)
Infobox Lungenentzündung (Pneumonie) (5,6)
Eine Lungenentzündung, auch als Pneumonie bekannt, ist eine Entzündung des Lungengewebes, die verschiedene Bereiche der Lunge betreffen kann und in Schweregrad und Dauer variiert. Die häufigsten Ursachen einer Pneumonie sind Bakterien, Viren und Pilze. Auch das Einatmen von Fremdstoffen wie Nahrung, Flüssigkeiten oder Magensäure (Aspiration) oder chemische Reize wie toxische Gase oder Rauch können eine Pneumonie auslösen.
Eine durch Pneumokokken verursachte Pneumonie ist besonders gefährlich. Typische Symptome einer Pneumonie sind Husten, oft produktiv mit eitrigem oder blutigem Auswurf, sowie Fieber, das häufig von Schüttelfrost begleitet wird. Atemnot, schnelle oder erschwerte Atmung und Brustschmerzen, insbesondere beim Einatmen oder Husten, sind weitere häufige Anzeichen.
Ein Arztbesuch ist ratsam bei anhaltendem Fieber, schwerer Atemnot, schneller Atmung, starken Brustschmerzen, besonders in Verbindung mit Atemnot oder blutigem Auswurf. Auch eine allgemeine Verschlechterung des Gesundheitszustands wie starke Schwäche, Verwirrtheit oder Bewusstseinsstörungen, besonders bei älteren Menschen und Kleinkindern, erfordert eine ärztliche Untersuchung.
Referenzen
Bundesamt für Gesundheit (BAG). Pneumokokken-Erkrankungen. Stand 24.07.2024. Zuletzt eingesehen: Oktober 2024.
Mayo Clinic. Pneumonia. Zuletzt eingesehen: September 2024.
Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Pneumonia. Zuletzt eingesehen: Oktober 2024.
Referenzen Interview mit Prof. Leuppi:
1) Bender RG et al. Global, regional, and national incidence and mortality burden of non-COVID-19 lower respiratory infections and aetiologies, 1990–2021: a systematic analysis from the Global Burden of Disease Study 2021. The Lancet Infectious Diseases, Volume 24, Issue 9, 974–1002.
2) Bundesamt für Gesundheit (BAG). Pneumokokken-Erkrankungen. Stand der Information: 24.07.2024. Zuletzt eingesehen: 11.10.2024.
3) Bundesamt für Gesundheit (BAG) und Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF). Pneumokokken-Impfung neu für alle Personen ab dem Alter von 65 Jahren als ergänzende Impfung empfohlen. Stand 30.10.2023.
4) Bundesamt für Gesundheit (BAG) und Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF). Pneumokokkenimpfung: Empfehlungen zur Verhinderung von invasiven Pneumokokkenerkrankungen bei Risikogruppen. Stand der Information: 17. Februar 2014.
5) Ewig S et al. Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie – Update 2021. Pneumologie 2021; 75(09): 665-729. DOI: 10.1055/a-1497-0693.
6) Sikjær MG et al. Vaccine effectiveness of the pneumococcal polysaccharide and conjugated vaccines in elderly and high-risk populations in preventing invasive pneumococcal disease: a systematic search and meta-analysis. Eur Clin Respir J. 2023 Jan 20;10(1):2168354. doi: 10.1080/20018525.2023.2168354.
7) Leuppi JD. COPD-Exazerbations-Management: Früh erkennen, adäquat behandeln, Exazerbationen verhindern. Rev Med Suisse. 2022 Apr 27;18(779):861-862. German. doi: 10.53738/REVMED.2022.18.779.861.
8) Faria N Reduction of Severe Exacerbations of COPD during COVID-19 Pandemic in Portugal: A Protective Role of Face Masks? COPD. 2021 Apr;18(2):226-230. doi: 10.1080/15412555.2021.1904387.
9) Alqahtani JS et al. Reduction in hospitalised COPD exacerbations during COVID-19: A systematic review and meta-analysis. PLoS One. 2021 Aug 3;16(8):e0255659. doi: 10.1371/journal.pone.0255659.
10) Domenech de Cellès M et al. Unraveling the seasonal epidemiology of pneumococcus. Proc Natl Acad Sci U S A. 2019 Jan 29;116(5):1802-1807. doi: 10.1073/pnas.1812388116.