Wenn wir mit Freunden grillieren, wenn die Früchte reif und süss auf dem Tisch stehen, wenn wir uns im Garten ein Feierabend-Bier gönnen, dann sind auch sie ruckzuck zur Stelle: die Wespen. Sie mögen nämlich dasselbe wie wir, zucker- und kohlenhydratreiche Getränke und Speisen, als Insektenverzehrer auch tierisches Eiweiss, also das Fleisch auf unserem Teller.
Damit ernähren sie sich selber, den Nachwuchs im Nest, später die junge Königin. «Jetzt sind die Wespen unterwegs», bestätigt Christian Schweizer von der eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope. Bis im Spätherbst sorgen die Gemeine und die Deutsche Wespe für ziemlich viel Aufruhr am Esstisch.
«Bereits Ende März, anfangs April werden die Königinnen durch die warmen Tage aktiv und beginnen mit dem Nestbau», sagt der Insekten-Experte. Mit einem Kälteeinbruch könne sich die Entwicklung aber wieder normalisieren.
Wie sich die Situation entwickelt, ob es sogar eine Wespenplage gibt, hängt gemäss Schweizer davon ab, wie heiss das Wetter bleibt, und ob gleichzeitig genug Futterquellen vorhanden sind. Im vergangenen Jahr zum Beispiel habe etwa der milde Winter erst auch auf ein Wespenjahr hingedeutet, aber dann sei im heissen Sommer die Nahrung knapp geworden für die Wespenvölker.
Für die Allergikerin, den Allergiker spielt es keine Rolle, wie viele Wespen fliegen. Eine einzige kann das Leben bedrohen, wenn sie zusticht. «Bei einer allergischen Reaktion auf einen Wespen- oder Bienenstich treten die Symptome innerhalb von Minuten bis spätestens nach einer Stunde auf», sagt Karin Stalder, Beraterin bei aha! Allergiezentrum Schweiz.
Sie reichen von lokalen Schwellungen, Juckreiz, Nesselfieber, Erbrechen bis hin zu Atemnot, Herzrasen, Blutdruckabfall, Bewusstlosigkeit, Atemstillstand oder sogar einem lebensgefährlichen Herz-Kreislauf-Kollaps.
«Beim anaphylaktischen Schock brechen in Folge der Immunreaktion die Regelkreise des Körpers komplett zusammen – ein medizinischer Notfall, der richtig und rasch zu behandeln ist», so Stalder.
Menschen mit einer Insektengiftallergie – in der Schweiz sind dies 3 bis 4 Prozent der Bevölkerung – müssen daher immer und überall ein Notfall-Set bei sich tragen. Es enthält Antihistaminika, Kortison und allenfalls eine Adrenalinfertigspritze.
«Die verordneten Medikamente müssen sofort nach einem Stich, wie vom Arzt erklärt, eingenommen und verabreicht werden. Und zwar bevor es zu einer allergischen Reaktion kommt», betont Stalder. «In jedem Fall ist gleich anschliessend der Notarzt über die Telefonnummer 112 zu rufen.»
Auch für nicht allergische Menschen kann es gefährlich werden: Bei einem Stich in Mund, Rachen oder Hals ist ebenfalls unverzüglich ein Arzt zu alarmieren, weil aufgrund der Schwellungen Erstickungsgefahr drohen kann. Schwellungen sind gemäss Stalder in jedem Fall möglichst rasch mit Eis zu kühlen.
Um Wespenstiche zu vermeiden, empfiehlt Karin Stalder folgende Verhaltensregeln:
Eine Wespe ist selten alleine. Die Nähe von Wespennestern – am Boden, in morschen Ästen und hohlen Baumstämmen, in Rollladenkästen oder im Estrich – meiden.
Wespen nisten am Boden, Naturwiesen und Waldränder nicht barfuss betreten.
Keine hastigen Bewegungen in der Nähe von Wespen, sie können darin eine Gefahr sehen.
Keine Essensreste offen liegen lassen, Kindern nach dem Essen den Mund abwaschen.
Bier und Süssgetränke locken Wespen an, nie direkt ab Flaschen oder Dosen trinken.
Keine stark parfümierten Haarsprays, Shampoos und Sonnencremen verwenden, die Düfte ziehen Wespen an.
Wespen nicht anpusten, das Kohlendioxid in der Atemluft macht sie aggressiv.
Motorradfahren nur mit geschlossenem Helm und Handschuhen, Mund schliessen beim Velofahren.
Bei Wespennestern in unmittelbarer Nähe Ihres Wohn- oder Arbeitsortes: Mitteilung an die Polizei oder Feuerwehr.
Wer von einer Insektengiftallergie betroffen ist, kann diese ursächlich behandeln und eine Desensibilisierung/Spezifische Immuntherapie (SIT) angehen. «Die Behandlung dauert zwischen drei und fünf Jahren und führt bei 95 Prozent der Patienten zu einem vollständigen Schutz», so Karin Stalder.