Vorbereitung ist alles

Ferien geniessen mit Reiseapotheke

Eine Reiseapotheke kann so individuell wie die Menschen und ihre Reisen sein. Dennoch gibt es einige Grundregeln, die für alle gelten: «Was im normalen Alltag gebraucht wird, kommt auch mit in den Urlaub», ist für Yves Platel von der Bahnhof Apotheke im HB Zürich die Faustregel.

|
2. Juli 2024
Glückliche Familie hat Spass während den Ferien am sonnigen Strand
Sunny studio/stock.adobe.com

Gesundheitliche Risiken am Reiseziel

«Wichtig ist, dass man sich über die gesundheitlichen Risiken am Reiseziel informiert und früh genug vorbereitet», meint der eidg. dipl. Apotheker. Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Dr. med. Bernhard Beck von der Zürcher Praxis für Tropen- und Reisemedizin am Bellevue hat öfters Patienten, die ihn sozusagen «last minute» vor einer Reise konsultieren. «Wir sind auch auf die pressanten Leute vorbereitet und machen, was wir können. Es gibt aber Grenzen. Ein Beispiel: Die in afrikanischen und südamerikanischen Ländern teilweise obligatorische Gelb­fie­ber­impfung braucht 10 Tage, bis sie wirksam ist», erklärt der Spezialist für Reisemedizin. Will heissen: Wenn man den Gelbfieber-Impfschutz nicht vorweisen kann, wird im schlimmsten Fall die Einreise verweigert.

Zu welchen Grund­impfungen rät Dr. Beck Menschen, die gerne fremde Länder erkunden? «Ob unterwegs oder nicht: Ich empfehle allen Patienten die kombinierten Impfungen Diphtherie/Starrkrampf und Masern/Röteln. Sie werden in der Schule gemacht und brauchen eine Nachholimpfung, die dann bis zu 25 Jahre wirksam ist. Gerade die wird aber oft vergessen.»

Impfung gegen Hepatitis als Grundausstattung

Gemäss Dr. Beck sollten auch Impfungen gegen Hepatitis A (Übertragung durch Nahrungsmittel) und Hepatitis B (Übertragung durch Sperma, Speichel und Blut) zu der Grundausstattung von Menschen gehören, die öfters reisen. Dazu kommen Spezialvakzine z. B. gegen Typhus, die je nach Land abgeklärt werden müssen. Wer in die Ferne schweifen will, lässt sich am besten 4–6 Wochen vor der Reise in einer Apotheke oder beim Tropenarzt beraten, welche Impfungen oder Prophylaxen nötig sind. Die Experten haben Quellen von der WHO und dem BAG, die laufend aktualisiert werden. Risikogebiete können sich ändern. Sie wissen punktgenau, welche Destinationen z. B. vom Zika-Virus betroffen sind, wo eine Malaria-Prophylaxe oder nur das Notfallmedikament nötig ist oder wo die Gefahr einer Übertragung von Dengue-Fieber besteht.

Alle diese infektiösen Krankheiten, die schwere Folgeschäden haben können, werden durch Mücken übertragen. Deshalb gehört bei Fernreisen neben dem Sonnen- auch der Mückenschutz zuoberst auf die Liste. Beides muss mehrmals täglich aufgetragen werden, besonders wenn man badet und stark schwitzt. Im Handel sind sogar Mücken abstossende Shirts und Hosen mit DEET-Imprägnierung erhältlich. Generell lohnt es sich, lockere und helle Kleidung zu tragen. Enge schwarze Leggings fordern die Blutsauger geradezu auf zuzustechen.

Vorsicht beim Essen

Magen-Darm-Probleme, insbesondere Durchfall, gehören zu den häufigsten Reisekrankheiten, mit denen Apotheker Platel und Tropenarzt Dr. Beck konfrontiert werden. Verursacher sind meistens Esswaren oder eine mangelnde Hygiene. Yves Platel empfiehlt, Desinfektionsmittel für die Hände mitzunehmen. Arzneien gegen Durchfall, Übelkeit und Erbrechen sind sowieso ein Muss. «Wobei Diarrhö-Stopper nur zur Symptom-Bekämpfung dienen, damit die Reise problemlos weitergeführt werden kann. Sie bekämpfen das Übel nicht an der Wurzel», betont Dr. Beck.

Wer nach einer Reise mehr als eine Woche unter Verdauungsproblemen leidet oder gar Blut im Stuhl, hohes Fieber oder heftige Krämpfe hat, gehört sofort zum Arzt. «Dank gentechnischen Methoden können wir heute praktisch jeden Keim in Kürze identifizieren und gezielt behandeln», beruhigt Dr. Beck und gibt Touristen einen Tipp: «Ich empfehle allen, in Restaurants zu essen, die gut frequentiert sind. Denn an solchen Orten kann man davon ausgehen, dass die Speisen frisch zubereitet sind. Menükarten mit unzähligen Gerichten sind verdächtig; weil dann viele Zutaten in der Küche herumstehen müssen, die unter Umständen schon länger nicht mehr bestellt wurden.»

Kinder sind auf Reisen mehr Risiken ausgesetzt als Erwachsene

Kindern wird öfters schlecht beim Reisen als Erwachsenen. Dagegen gibt es u. a. natürliche Tabletten mit Ingwer oder gut zu dosierende Tropfen. Zudem raten sowohl Pharmazeuten als auch Mediziner, beim Unterwegssein mit dem Nachwuchs ein Elektrolyte-Ersatz-Präparat mitzuführen. «Wenn Kinder Durchfall haben oder erbrechen müssen, dehydrieren sie wesentlich schneller als Erwachsene. Deshalb müssen dem Körper so rasch wie möglich alle nötigen Mineralstoffe zugeführt werden, die er für wichtige Stoffwechselvorgänge braucht», schildert Platel.

Kinder sind auf Reisen mehr Risiken ausgesetzt als Erwachsene. Sie tollen neugierig herum und fassen gerne alles an. Pflaster und Desinfektionsmittel kommen deswegen beim Nachwuchs eindeutig häufiger zum Einsatz. Ein Fieberthermometer ist ebenso nützlich, weil Kids auf Infekte siebenmal mehr als Erwachsene mit erhöhter Temperatur reagieren. Ansonsten gehören für die Kleinen dieselben Medikamente in die Reiseapotheke wie für die Gros­sen. Zum Teil einfach in niedrigerer Dosierung. Darüber wissen Arzt oder Apotheker Bescheid.

Medikamente richtig transportieren

Wichtig ist auch, die Darreichungsform zu beachten. Glasflaschen können beim Transport zerbrechen. Zäpfchen in Ländern mit Temperaturen über 25 °C schmelzen. Dann verlieren sie ihre Wirkung. Deshalb gilt es, stabile Behältnisse sowie Arzneien in Tabletten- oder Pulverform mitzunehmen und, wenn möglich, hygienische Monodosen zu bevorzugen. Reisende mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Allergiker sollten darauf achten, dass sie je nach Dauer der Ferien genügend der für sie wichtigen Präparate mit dabeihaben. Und weil auch einmal ein Gepäckstück verloren gehen kann, lohnt es sich, die wichtigen Medikamente in verschiedene Taschen aufzuteilen.

Grundregeln beachten

«Gedankenlos sollte man auf Reisen zum eigenen Schutz nicht sein», führt Tropenmediziner Dr. Beck an, der schon durch die ganze Welt gereist ist. Gefragt nach dem wichtigsten Objekt, welches er in seinem Gepäck auf Fernreisen mitnimmt, kommt ihm als Erstes der Fotoapparat in den Sinn. Trotzdem beachtet er einige wichtige Regeln:

  1. Keine Tiere streicheln. Ein Biss könnte Tollwut verursachen und erfordert eine sofortige Gegenimpfung, damit die virale Erkrankung nicht tödlich verläuft.
  2. Nicht in tropischen Binnengewässern baden, weil dort die Parasitenerkrankung Bilharziose droht.
  3. Am Strand nicht barfuss laufen, da man sich an weggeworfenem Abfall verletzen kann. Aber auch Exkremente von Tieren oder Sandflöhe können lästige Haut- und Infektionskrankheiten übertragen.

Trotz möglicher Risiken stehen bei einer Reise der Genuss, die Erholung und das Erlebnis im Vordergrund. Wer sich bei seinem Urlaub gut informiert und Zeit für die Vorbereitung nimmt, wird nicht böse überrascht. Und kann die freien Tage oder Wochen in vollen Zügen geniessen.

Essentials für die Reiseapotheke

Alle Präparate, die ein Familienmitglied regelmässig einnimmt oder in Notfällen braucht (z. B. Cortison, Antiallergikum usw.). Auch an die Antibabypille und sonstige Verhütungsmittel denken.

  • Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor und Creme, Gel oder Lotion gegen Sonnenbrand/Sonnenallergie
  • Mückenspray/Salbe gegen juckende Stiche
  • Mittel gegen Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit/Durchfall/Verstopfung)
  • Schmerzmittel mit Wirkstoffen wie Paracetamol oder Ibuprofen – die Ferien sind zu wertvoll, um zu leiden
  • Vor allem beim Nachwuchs: Fieberthermometer und altersgerechte Präparate gegen Schmerzen und Fieber
  • Desinfektionsmittel und Wundsalbe
  • Pflaster und Verbandsmaterial (elastische Binde und Gazekompressen) sowie Schere und Pinzette
  • Salbe gegen Verstauchungen und Muskelbeschwerden
  • Elektrolyte-Pulver oder -Tabletten – vor allem bei Kindern, die erbrechen und daher schnell unter
  • Salz- und Mineralstoffverlust leiden
  • Medikamente gegen Husten und Schnupfen
  • Wichtig: Beipackzettel der Medikamente in die Ferien mitnehmen!