Etwa die Hälfte aller COPD-Fälle weltweit geht nicht auf das Konto von Zigaretten. Mittlerweile kennt man eine Reihe Faktoren, die die Lungenerkrankung auch bei Nie-Rauchern hervorrufen können.
Etwa die Hälfte aller COPD-Fälle weltweit geht nicht auf das Konto von Zigaretten. Mittlerweile kennt man eine Reihe Faktoren, die die Lungenerkrankung auch bei Nie-Rauchern hervorrufen können.
Nachdem die COPD lange Zeit als typische Raucherkrankheit galt, rücken seit einigen Jahren zunehmend potenzielle Ursachen jenseits von Tabakrauch in den Fokus, schreiben Ian Yang und Kollegen vom UQ Thoracic Research Centre der University of Queensland in Brisbane (1). Dies gilt insbesondere für Länder mit geringem sozioökonomischem Standard, in denen Themen wie z.B. Luftverschmutzung oder Lungeninfektionen eine grössere Rolle spielen. Während sich in hochentwickelten Industrieländern etwa drei Viertel der COPD-Fälle auf Rauchen zurückführen lassen, ist dies in den ärmsten Ländern nur bei etwa 30 Prozent der Fall.
Das klinische Bild einer COPD bei Patienten, die niemals geraucht haben, zeigt einige Unterschiede zu der typischen Ausprägung infolge langjährigen Tabakkonsums: Nie-Raucher sind bei Diagnose im Mittel jünger, Frauen genauso häufig oder sogar häufiger betroffen. Atemwegobstruktion und respiratorische Symptome sind in der Regel weniger stark ausgeprägt, das FEV1 ist meist normal. Schwere Emphyseme kommen in diesem Patientengut seltener vor – dafür betreffen sie öfter die kleinen Atemwege. Auch an COPD erkrankte Nie-Raucher neigen häufig zu respiratorischen Exazerbationen. Ihr Lungenkrebs-Risiko ist deutlich erhöht.
Nur wenn man die Risikofaktoren kennt, lassen sich kausale Zusammenhänge ableiten und präventive Strategien entwickeln. In einigen Fällen ist ein einziger Risikofaktor für die Entstehung und Progression der COPD verantwortlich, oft wirken aber mehrere zusammen.
Verschmutzte Luft wird für etwa 50 Prozent der weltweiten COPD-Fälle verantwortlich gemacht – v.a. in Ländern mit geringem und mittlerem Pro-Kopf-Einkommen. Mit der Feinstaubkonzentration im Freien steigt das COPD-Risiko. Eine bedeutsame Rolle spielen zudem offene Feuerstellen im heimischen Umfeld, die zum Kochen oder Heizen betrieben werden. Nach WHO-Schätzungen nutzen weltweit 2,6 Milliarden Menschen die Verbrennung von fester Biomasse (Kohle, Holz, Dung etc.), fast vier Millionen Todesfälle pro Jahr sind darauf zurückführen. Eine weitere Belastung entsteht durch Passivrauchen in Innenräumen.
Auch die in den Tropen häufig verwendeten pyrethrumhaltigen Räucherspiralen auf Basis von Kokosschalen können das COPD-Risiko erhöhen. Sie werden zur Mückenabwehr entzündet und glimmen bzw. qualmen nachts bis zu sieben Stunden vor sich hin. Bei geschlossenem Fenster entsteht dadurch im Raum eine Feinstaubkonzentration, die 100 abgebrannten Zigaretten entspricht.
Präventive Strategien zielen vor allem auf eine Verbesserung der Luftqualität ab. Im Mittelpunkt stehen dabei neben der Reduktion von Verkehrsaufkommen und industriellen Emissionen auch die Versorgung der Haushalte mit alternativen Koch- und Heizmöglichkeiten.
Im Vergleich zu Menschen ohne Asthma haben Asthmatiker ein bis zu zwölffach höheres COPD-Risiko. Frauen scheinen deutlich häufiger betroffen zu sein. Als weitere Faktoren nennen die Autoren geringe Bildung, Passivrauchen, kardiovaskuläre Risikofaktoren und Hospitalisation in der Kindheit aufgrund respiratorischer Erkrankungen.
Fast jeder vierte COPD-Patient gibt an, schon einmal Asthma-Symptome gehabt zu haben. Die einzige wirksame Präventionsstrategie scheint eine möglichst frühzeitige Asthma-Diagnose mit anschliessender adäquater Therapie und Sicherstellung der Adhärenz zu sein.
In vielen Berufen trägt die Belastung durch Dämpfe, Gase, Stäube und Rauch zu einem erheblichen COPD-Risiko bei. Unter derartigen Arbeitsbedingungen ist es zudem wahrscheinlicher, dass auch Nie-Raucher eine schwere Form der COPD entwickeln, was wiederum die krankheitsspezifische Sterblichkeit bei diesen Patienten erhöht.
Eine Tbc in der Vorgeschichte treibt das COPD-Risiko um den Faktor 2,6 bis 5,8 in die Höhe, was auf infektionsbedingte Veränderungen des Lungengewebes zurückgeführt wird. Mehrfachresistente Keime verursachen grössere Schäden und erhöhen somit das COPD-Risiko noch weiter.
Im Mittel sind Patienten mit Tbc-assoziierter COPD deutlich jünger als solche, bei denen die Erkrankung auf das Rauchen zurückzuführen ist. Präventive Strategien beruhen auf der Vermeidung von Ansteckungen bzw. auf einer frühzeitigen und effektiven Therapie. Neue Impfstoffe und Diagnosemöglichkeiten wären ein grosser Fortschritt, so die Autoren.
Auch eine HIV-Infektion ist mit einem deutlich erhöhten COPD-Risiko verbunden, sodass bei entsprechenden Patienten mit respiratorischen Symptomen immer an die Lungenerkrankung gedacht werden muss. Mit HIV lebende Patienten sollten nicht rauchen. Bei ihnen ist es besonders wichtig, die Viruslast medikamentös so weit wie möglich zu senken.
Zahlreiche Dinge können dazu beitragen, dass sich die kindliche Lunge nicht richtig entwickelt. Dazu gehören neben Belastungen durch offenes Feuer im Haus und Rauchen der Eltern auch Mangelernährung, frühkindliches Asthma und wiederholte Atemwegsinfektionen in jungen Jahren. Betroffene fallen schon frühzeitig durch niedrige FEV1-Werte auf und entwickeln später häufiger eine COPD.
Nie-Raucher mit geringem Bildungsstand und Haushaltseinkommen haben ein deutlich erhöhtes Risiko, eine COPD zu entwickeln. Hier kommen wahrscheinlich viele Faktoren zusammen, darunter die Belastung durch Feinstaub im Haushalt (Ofenfeuerung, Passivrauchen) und am Arbeitsplatz, Mangelernährung sowie ein geringeres Bewusstsein für die Gesunderhaltung der Lunge.
Um diese spezielle Art von COPD besser zu verstehen, sind insbesondere Studien nötig, die Raucher explizit ausschliessen. Denn nur auf diese Weise könne man Ansatzpunkte finden, um die Krankheitslast von betroffenen Nie-Rauchern weiter zu senken, postulieren die Autoren.