Viele Nutzer zeigen ein komplexes Konsumschema, bei dem sie zeitlich gestaffelt oder zeitgleich mehrere verschiedene Präparate in supraphysiologischer Dosis konsumieren. Hierbei entwickeln rund 30 Prozent der Nutzer eine Abhängigkeit. Der Einsatz von Anabolika ist häufig, komplex, hat viele unerwünschte Wirkungen und ein erhebliches Abhängigkeitspotenzial, resümiert Dr. Magnolini.
«Die Nebenwirkungen durch den Konsum sind sehr vielfältig, teilweise sehr komplex und können auch gravierend sein», betont der Experte. Er rät daher, bei Verdacht auf Anabolikakonsum niederschwellig abzuklären und zuzuweisen.
Die Nebenwirkungen von Anabolika umfassen die körperliche, psychische und soziale Ebene. Häufig ist auch das Herz-Kreislauf-System betroffen, denn hier entfalten viele der Substanzen einen toxischen Effekt.
Die Pathophysiologie der kardiovaskulären Schädigung ist vielschichtig entsprechend der unterschiedlichen Effekte der Präparate. Sie können atherosklerotisch und thrombotisch wirken sowie Vasospasmen und eine kardiale Hypertrophie verursachen. Somit entsteht ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die sich letztlich als Anabolika-induzierte Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz mit Myokardschädigung und Hypertrophie manifestieren.
Seinen Vortrag rundet der Referent mit einem Fallbeispiel ab: ein 38-jähriger Polizist, der seit acht Jahren Anabolika konsumierte und in den sechs Monaten vor der ersten Konsultation eine wöchentliche Testosteronäquivalenzdosis von 500–1.000 mg einnahm.
Der Patient klagte bei der Vorstellung über kardiovaskuläre Beschwerden (Schwindel, Leistungseinbrüche im Fitnessstudio, Herzpalpitionen). Auffällige Befunde waren zudem ein BMI von 32,6 kg/m2 bei muskulöser Statur und ein arterieller Blutdruck von 151/86 mmHg. Im EKG zeigten sich Zeichen einer linksventrikulären Hypertrophie, welche die Echokardiografie bestätigte.
Innerhalb von vier bis sechs Monaten nach Stopp des Anabolikakonsums entwickelten sich die Zeichen linksventrikulären Hypertrophie im EKG zurück. Auch der echokardiografische Befund besserte sich: Es kam zu einer Normalisierung der maximalen Septumsdicke auf 10–11 mm und der longitudinalen Deformation (GLS -17,5 %) bei weiterhin normaler Pumpfunktion. «Die Echokardiografie hilft den Patienten beim Aufbau einer Abstinenzmotivation, weshalb wir sie niederschwellig umsetzen», betont Dr. Magnolini.