Metaanalyse bestätigt Wirksamkeit bei Depressionen

Sport wirkt gleich gut wie Psychotherapie und Antidepressiva

Eine grosse Metastudie belegt, dass Sport in jeglicher Form depressiven Symptomen entgegenwirken kann. Besonders effektiv waren dabei schweisstreibende Sportarten wie aerobes Training, sowie gut strukturierte Trainingseinheiten mit wenig Autonomie der Teilnehmer.

Tanzsport wirkte sich vor allem bei Frauen mit Depressionen positiv aus.
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Die systematische Übersichtsarbeit im British Medical Journal zeigt: Jede Art von Sport wirkt gegen Depressionen. Intensivere Sportprogramme – wie die Teilnahme an einem Fitnesskurs – hatten zeigten dabei in kontrollierten Studien das meiste Potenzial, depressive Symptome zu reduzieren.

Die Daten sprechen ausserdem für den «Sport auf Rezept». So waren überraschenderweise gerade solche Trainings besonders gut wirksam, bei denen die Teilnehmer vermutlich wenig autonom agierten.

Wenig Evidenz wegen Studienheterogeneität

Diverse Studien legten in den letzten zehn Jahren nahe, dass Sport als Stimmungsaufheller wirken kann. Sie haben dazu geführt, dass Bewegungsinterventionen als Teil der Depressionsbehandlung empfohlen werden – auch in der Schweiz.

Und doch war bislang unklar, welche Wichtigkeit etwa in Leitlinien dem Sport bei Depressionen eingeräumt werden sollte. Denn bislang stützte sich die Evidenz lediglich auf viele unterschiedliche, teils auch eher kleinere, Studien.

Alle Arten körperlicher Aktivität helfen gegen Depressionen

Nun überprüfte ein internationales Forscherteam in einer grossen Netzwerk-Metaanalyse 218 klinische Studien mit insgesamt 495 Armen und 14.170 Teilnehmern. Sie zogen dabei Untersuchungen in Betracht, die körperliche Aktivität entweder mit anderen etablierten Behandlungen oder mit Kontrollen ohne Behandlung (z.B. Patienten auf einer Warteliste) verglichen.

Verglichen mit aktiven Kontrollen (z.B. konventionelle Behandlung oder Placebo-Tabletten) konnten sie einen mässig besseren Effekt von allen Arten körperlicher Aktivität zeigen, darunter:

  • Gehen oder Joggen
  • Yoga
  • aerobes Training
  • Tai Chi oder Quigong.

Wie schon in früheren Studien erwiesen sich dabei Sportarten, bei denen man ins Schwitzen kommt (z.B. aerobes Training) als besonders effektiv bei der Depressionsbekämpfung. Diese Arten des Trainings zeigten sogar eine zahlenmässig grössere Wirksamkeit als selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und eine kognitive Verhaltenstherapie. Aber auch leichtere körperliche Aktivitäten (z.B. Gehen, Hatha-Yoga) konnten in der Metastudie depressive Symptome verbessern.

Sport wirkt nicht nur wegen Sozialkontakten

Die Effekte waren dabei bei Einzel- und Gruppensportarten ähnlich, was darauf hinweist, dass Sport bei Depressionen nicht allein aufgrund von mit ihm verbundenen Sozialkontakten wirksam ist.

Die Ergebnisse erwiesen sich selbst unter Berücksichtigung von Verzerrungen wie mangelnder Studienverblindung und Komorbiditäten der Teilnehmer als robust. «Selbst wenn man konservative Schätzungen zugrunde legt (d. h. das ungünstigste Ende des glaubwürdigen Intervalls), können Ärzte davon ausgehen, dass Patienten durch Gehen, Laufen, Yoga, Qigong, Krafttraining und gemischte aerobe Übungen klinisch signifikante Wirkungen erfahren», schreiben die Autoren in ihrer Arbeit.

Funktioniert Sport auf Rezept besser?

Entgegen der Erwartungen zeigten Studien, die ein gewisses Mass an Autonomie der Teilnehmer beschrieben (etwa die Wahl der Sportart, Häufigkeit, Intensität, oder des Zeitpunkts), tendenziell schwächere Auswirkungen als Studien, die dies nicht taten. Das deutet darauf hin, dass gezielte Übungsvorgaben wichtig sein könnten, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Der «Sport auf Rezept» könnte bei Depressionen also besser wirksam sein, als dem Patienten maximale Autonomie bei der Auswahl und Durchführung zu lassen.

Für die Autoren sollte daher die körperliche Aktivität neben Standardbehandlungen wie Medikamenten und kognitiver Verhaltenstherapie unbedingt eine Rolle spielen. Besonders Patienten, die eine Psychotherapie ablehnen, könnten profitieren. Denn obwohl das Vertrauen in die Evidenz für Bewegung in Studien weniger stark war als für die kognitive Verhaltenstherapie, sind die Effektgrössen vergleichbar.

Dass Sport für Patienten mit Depressionen nicht immer einfach ist, fasst Professor Dr. Michael Bloomfield, Leiter der Forschungsgruppe für translationelle Psychiatrie am University College London so zusammen: «Bei schwereren Formen von Depressionen ist das Angebot von körperlicher Betätigung nicht unbedingt hilfreich. Hat jemand zum Beispiel Schwierigkeiten damit, aus dem Bett zu kommen, hat er wohl kaum die Kraft, ins Fitnessstudio zu gehen.»

Hilfreicher sei es, mit dem Patienten gemeinsam eine für ihn taugliche Therapie zu finden.