Bewusst das Mittelmass wählen

Wie viel Sonne ist gesund?

Zu wenig aber auch zu viel Sonnenlicht können schaden: Einerseits tut Sonne der Seele gut, und fördert die körpereigene Produktion von Vitamin D, zu viel Sonne steigert jedoch das Risiko für Hautkrebs. Wo liegt das gesunde Mittel?

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20. Mai 2022
An einem Sonnentag am Meer schützen Hut und Kleidung vor Sonennbrand
iStock/splendens

Vitamin D besteht aus einer Gruppe von fettlöslichen Vitaminen, auch Calciferole genannt. Diese sind obligat für den menschlichen Körper. Eine speziell wichtige Rolle spielen sie für den Calciumstoffwechsel, und damit die Knochenintegrität. Bei Mangel an Vitamin D können daher schwere, die Knochen betreffende, Krankheiten wie zum Beispiel Rachitis, Osteomalazie oder Osteoperose entstehen.

Eine gewisse Sonnenexposition ist nötig

Aufgenommen kann Vitamin D einerseits durch die Nahrung werden, wo es vor allem in fettem Fisch wie Lachs oder Hering, sowie in Eiern und in Avocados vorkommt. Rund 90 Prozent unseres Vitamin-D-Bedarfs wird aber über die körpereigene Herstellung von Vitamin D in Gegenwart von Sonnenlicht gewährleistet (1). Dazu bilden die Keratinozyten, die in der obersten Hautschicht Epidermis ansässig sind, die chemische Vorstufe 7-Dehydrocholesterol. Dieses sogenannte Prävitamin-D3 wird dann von Keratinozyten, die in Kontakt mit UV-B-Strahlen im Sonnenlicht gekommen sind, in Cholecalciferol (Vitamin D3) umgewandelt. In der Niere und der Leber wird das Cholecalciferol dann in Calcitriol umgewandelt, das für den menschlichen Körper verfügbar ist

Für eine adäquate Versorgung mit Vitamin D ist daher eine gewisse Sonnenexposition nötig. Im Winter, wenn der Körper nur wenig Sonne abbekommt, greift dieser auf die Speicherform des Vitamin D, Calcifediol, im Muskel und im Fettgewebe zurück.

Zu wenig Sonne macht krank und traurig

Fehlt die Sonneneinstrahlung, und damit eine adäquate Versorgung mit Vitamin D, sind nicht nur die Knochen betroffen. Neben den bekannten extremen Mangelerscheinungen wird eine unzureichende Vitamin-D-Versorgung immer wieder mit einer Reihe gesundheitlicher Problemen in Zusammenhang gebracht. Dazu gehören Depressionen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 2 sowie kardiovaskuläre und Krebskrankheiten. Für diese konnten aber zwar Zusammenhänge in Beobachtungsstudien gefunden werden, bislang gibt es jedoch keine Beweise für kausale Beziehungen (wir haben berichtet).

Viel Zeit in der Sonne zu verbringen kann sogar eine süchtig machende Wirkung haben, wie eine Studie der Harvard Medical School zeigte. Demnach führt das Sonnenbaden zur Produktion von Endorphinen in der Haut (2). Dieses Phänomen kann zu Gunsten der Gesundheit genutzt werden: Es ist erwiesen, dass Sonnenstrahlung gegen Depressionen hilft.

Sonne schädigt Erbgut und führt zu Hautkrebs

Zu viel Sonnenstrahlung führt in den Hautzellen aber zu Schädigungen des Erbgutes. Sowohl die langwelligen UV-A-Strahlen und kurzwelligen UV-B-Strahlen können die Hautzellen angreifen.

  • UVB-Strahlen veranlassen, dass die Haut sich bräunt und verursachen Sonnenbrand.
  • Die Auswirkungen der UVA-Strahlen sind hingegen nicht sofort sichtbar. Langfristig sind sie aber für die Hautalterung verantwortlich.


Kleinere Schäden können von körpereigenen DNA-Reparatursystemen behoben werden. Bei sehr intensiver und langer Sonneneinstrahlung sind diese natürlichen Reparatursysteme überlastet und die DNA wird nicht fehlerfrei repariert. Diese Hautzellen können zu Krebszellen entarten.

Solarium und Höhensonne als unterschätze Gefahren

Von der Nutzung von Solarien kann getrost abgeraten werden, denn die künstlichen UV-Strahlen sind mit dem gleichen Risiko der Entstehung von Hautkrebs verbunden wie die natürliche Sonneneinstrahlung. Das Risiko an Hautkrebs zu erkranken, ist dabei für helle Hauttypen (Hauttyp I und II) grösser als für dunkle Hauttypen. Wichtig ist auch, bei kalten Temperaturen die Sonne nicht zu unterschätzen: Vergessen geht dies beispielsweise oft beim Skifahren oder Wandern im Hochgebirge, da es dort eher kühler ist und man nicht an den Sonnenschutz denkt. Zusätzlich gefährlich ist, dass mit zunehmender Höhe die UV-Strahlung zunimmt.

Lieber regelmässig, dafür kürzer sonnenbaden

Studien zeigen, dass eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung gesichert ist, wenn wir uns regelmässig, aber nur für kurze Zeit mässiger Sonneneinstrahlung aussetzen. Das BAG empfiehlt Menschen mit heller Hautpigmentierung 10 Minuten Mittagssonne, und für Menschen mit dunkler Hautpigmentierung 20 bis 60 Minuten. Da der Mensch für die Vitamin-D-Bildung nur wenige Minuten benötigt, ist es besser, sich am Vor- oder Nachmittag an der Sonne aufzuhalten und die Mittagszeit im Schatten zu verbringen (3).

Tipps im Umgang mit der Sonne (4):

  • Reduzieren Sie die Anzahl der Sonnenbäder auf ein Minimum.
  • Geben Sie Ihrer Haut Zeit, sich langsam an die Sonne zu gewöhnen.
  • Der beste Schutz vor UV-Strahlung ist mit Kleidung zu erreichen, denken Sie auch an Kopfbedeckung und Sonnenbrille.
  • Alle ungeschützten Hautstellen sollten grosszügig mit einer Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor (SFP) eingecremt werden.
  • Baden und Schwitzen reduzieren auch bei wasserfester Sonnencreme nach einer Weile deren Schutzfunktion. Es empfiehlt sich, wasserfeste Sonnencreme zu verwenden, die Sie alle zwei Stunden erneut auftragen.
  • Säuglinge und Kleinkinder gehören nicht in die pralle Sonne.
  • In gewissen Jahren entstehen im März und April sogenannte Low-Ozon-Events, also Niedrig-Ozone in der Stratosphäre, die dazu führen, dass deutlich mehr UV-Strahlung die Erde erreicht als gewöhnlich (Niedrigozonereignisse) So kann es bereits im Frühling zu einer hohen UV-Bestrahlung kommen.
Referenzen
  1. Bischoff-Ferrari H et al. Sonnenschutz. Swiss Med Forum 2017;17(25):544-555. doi: 10.4414/smf.2017.03008
  2. Sonnenbad: Wirkung wie bei Opiaten. Thieme Connect 2014 (abgerufen am 20. April 2022)
  3. Bundesamt für Gesundheit (BAG). Faktenblatt Vitamin D und Sonnenstrahlung.9. Juni 2021 (abgerufen am 20. April 2022)
  4. Deutsche Krebsgesellschaft. Hautkrebs: So können Sie sich schützen. 30. Mai 2018 (abgerufen am 20. April 2022)