Zweimal pro Woche

Fisch auf dem Tisch = tieferes Herz-Kreislauf-Risiko

Eine aktuelle Studie bestätigt die positive Wirkung von Fisch und Meeresfrüchten auf das kardiovaskuläre Risiko.

25. Juni 2021
Raw salmon on a cutting board with fresh spices
iStock/kajakiki-scaled

Eine aktuelle Studie bestätigt die positive Wirkung von Fisch und Meeresfrüchten auf das kardiovaskuläre Risiko: Zwei Portionen pro Woche können das Risiko für schwere Herz-Erkrankungen und Herztod bei Risikopatienten um 15-20% senken.

Fisch und Meeresfrüchte sind Hauptlieferanten für Omega-3-Fettsäuren, und enthalten darüber hinaus essenzielle Vitamine und Spurenelemente wie Vitamin D, Jod, Kalzium, Phosphor und Eisen.

Bereits zuvor wusste man, dass die im Fisch enthaltenen Omega-3-Fettsäuren für die kardiovaskuläre Gesundheit von Bedeutung sind: Regelmäßiger Fischkonsum kann die Inzidenz von Myokardinfarkten, koronarer Herzerkrankung, sowie Tod durch kardiovaskuläre Ursachen senken.2-4 Bisher war jedoch noch nicht klar, ob auch Menschen mit kardiovaskulären Vorerkrankungen einen besonderen Nutzen vom Fischkonsum haben.

Zur Beantwortung dieser Frage fasst eine neue Übersichtsarbeit die Daten von insgesamt vier Kohortenstudien zusammen. Eine der vier war etwa die große PURE (Prospective Urban Rural Epidemiology)-Studie, die Teilnehmer aus 21 Ländern rekrutierte. Von den PURE-Teilnehmern hatten 140.000 keine kardiovaskulären Vorerkrankungen, bei 7.800 lagen solche vor. Die drei anderen untersuchten Studien umfasste mehr als 43.000 Teilnehmer aus 40 Ländern, die alle eine Gefässerkrankung oder Diabetes hatten.

Die Studie untersuchte, ob Fischkonsum mit dem Auftreten von Myokardinfarkten, Schlaganfällen, plötzlichem Herztod, kongestiver Herzinsuffizienz oder der Gesamtsterblichkeit in Verbindung stand.

Hilft Fisch nur bei vorerkrankten Patienten?

In der PURE-Kohorte, die zum größten Teil aus nicht kardiovaskulär Vorerkrankten bestand, gab es keinen Unterschied beim kardiovaskulären Risiko von Teilnehmern, die viel Fisch oder Meeresfrüchte (mindestens 350 Gramm Woche) assen gegenüber Teilnehmern, die wenig Fisch (weniger als 50 Gramm pro Monat) zu sich nahmen.

Bei den Teilnehmern der anderen drei Studien mit den kardiovaskulär vorerkrankten oder diabetischen Teilnehmern zeichnete sich jedoch ein anderes Bild ab: Hier hatten die Fischliebhaber, die mindestens 175 Gramm Fisch oder rund zwei Mahlzeiten mit Fisch pro Woche assen ein geringeres Risiko für eine schwere kardiovaskuläre Erkrankung (HR [Hazard Ratio]: 0.84; 95%-KI [Konfidenzintervall]: 0.73-0.96) oder Tod (HR: 0.82; 95%-KI: 0.74-0.91) als Fischverächter, die weniger als 50 Gramm Fisch pro Monat assen. Der Verzehr von höheren Mengen (350g oder mehr pro Woche) konnte dabei das Risiko nicht weiter senken.1

Gesundheitsnutzen von Fisch unbestritten

Sollte man künftig also nur mehr Menschen mit Gefässerkrankungen den Verzehr Fisch empfehlen, und können Menschen ohne Gefäßerkrankungen Fisch guten Gewissens vom Speiseplan verbannen?

Mitnichten, meint Dr. Dariush Mozzafarian von der Friedman School of Nutrition Science and Policy, Tufts University, Boston, Massachusetts, der die Studie im JAMA Internal Medicine kommentierte.

„Eine solche Schlussfolgerung ist schwierig, wenn sie auf Basis eines Vergleiches zwischen Studien getroffen wird“ schreibt er. „In der PURE-Studie wurde nicht angesehen, welchen Fisch die Teilnehmer verzehrten. Wir kennen daher den Anteil zwischen fettem Fisch mit hohen Omega-3-Fettsäure-Gehalt und weißem Fisch mit niedrigen Omega-3-Fettsäuren nicht. Es könnte auch gebratener Fisch mit in die Berechnung eingegangen sein, der nicht besonders gesund ist.“ In den drei anderen Studien mit Vorerkrankten konnte hingegen gezeigt werden, dass besonders fetter Fisch mit einem niedrigeren kardiovaskulären Risiko verbunden war.1

Effekte vor allem auf das Herz

Mozzafarian kritisiert außerdem, dass ein zusammengesetzter Endpunkt gewählt worden war, der neben Myokardinfarkten und plötzlichem Herztod auch Schlaganfälle und Herzinsuffizienz beinhaltete. „Frühere Studien mit Teilnehmern aus der Gesamtbevölkerung haben gezeigt, dass der Nutzen von Fisch oder Omega-3-Fettsäuren auf koronare Ereignisse wie Tod durch Myokardinfarkt und koronare Herzkrankheit am deutlichsten belegbar ist, wohingegen Effekte bei zusammengesetzten Endpunkten, in denen auch Schlaganfälle sind, noch unklar sind.“2,3

Die bisher größte randomisierte Studie, die die Primärprävention mittels Omega-3-Präparaten untersuchte, VITAL (Vitamin D and Omega-3), konnte beispielsweise keinen statistisch signifikanten Effekt auf einen zusammengesetzten kardiovaskulären Endpunkt (Relatives Risiko [RR]: 0.92), oder Schlaganfälle (RR: 1.04), feststellen. Dagegen zeigte sie ein verringertes Risiko beim Myokardinfarkt (RR 0.72; 95%-KI: 0.59-0.90).5

Bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko legte die Studie STRENGTH (High Cardiovascular Risk Patients with Hypertriglyceridemia) nahe, dass eine Gabe von Omega-3-Fettsäuren zusätzlich zu Statinen keinen signifikanten Effekt auf den primären zusammengesetzten Endpunkt ausübte, der Schlaganfälle inkludierte, aber das Risiko für koronaren Ereignisse in der Gesamtpopulation sowie bei kardiovaskulär vorerkrankten Patienten reduzieren konnte.6

Umweltgifte im Fisch eher geringeres Problem

Eher weniger problematisch für die Herzgesundheit sieht Mozzafarian die Verunreinigungen im Fisch, etwa durch Methylquecksilber; darauf gebe es derzeit wenig Hinweise.7,8 Kommerziell gefangener Fisch enthält niedrige Konzentrationen an organischen Schadstoffen wie Dioxinen und polychlorierten Biphenylen (PCB), die sich im Körper ablagern können. „Diese Verbindungen kommen auch in anderen Nahrungsmitteln vor; es ist unwahrscheinlich, dass die im Fisch enthaltenen Konzentrationen den positiven Effekt auf kardiovaskuläre Erkrankungen wieder aufheben“, schreibt Mozzafarian in seinem Kommentar.

Lediglich schwangeren und stillenden Frauen empfiehlt er, einige bestimmte langlebige, quecksilberhältige Raubfischarten (etwa Hai, Schwertfisch, Königsmakrele, Torpedobarsch und Roten Thun) zu meiden. Doch gerade die Docosahexaensäure (DHA) ist wichtig für die kindliche Hirnentwicklung. So empfehlen die Leitlinien des BAG sowie der Europäischen Kommission Schwangeren daher, zwei bis drei Portionen Fisch und Meeresfrüchte pro Woche zu essen.9,10

„Beobachtungsstudien zeigen außerdem, dass Völker, die mehr Fisch essen, generell gesünder sind. Das deutet darauf hin, dass die mit dem Fisch aufgenommenen Umweltgifte für Erwachsene unterm Strich weniger Schaden verursachen als dass das Essen von Fisch der Gesundheit nützt.“2

Zweimal pro Woche Fisch für alle

Für Mozzafarian ist die derzeitige Studienlage ausreichend, um regelmäßigen Fischkonsum für alle zu empfehlen: „Basierend auf der bisherigen Beweislage aus grossen prospektiven Beobachtungsstudien, randomisierten klinischen Studien, sowie Laboruntersuchungen scheint moderater Fischkonsum Vorteile für das Herz zu haben.“ Erwachsene sollten anpeilen, etwa zweimal pro Woche Fisch zu essen.

„Besonders gesund sind dabei fetter Fische mit dunklem Fleisch, der bis zu 10-fach höhere Omega-3-Konzentrationen als weisser Fisch enthält.“ Fisch sollte zudem hauptsächlich im Ofen zubereitet oder gegrillt statt gebraten werden.

Zusammenfassung für Patienten

  • Der Verzehr von Fisch senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • Besonders für Menschen mit Vorerkrankungen (z.B. Herzinfarkt, Diabetes) sollte Fisch häufig am Speiseplan stehen.
  • Fisch sollte rund zwei Mal pro Woche gegessen werden.
  • Schadstoffe, die über den Fisch aufgenommen werden, spielen eher eine untergeordnete Rolle, da sie auch in anderen Lebensmitteln enthalten sind.
  • Lediglich Schwangere und Stillende sollten bestimmte Fischarten meiden (z.B. Hai, Schwertfisch, Königsmakrele, Torpedobarsch und Roten Thun).
  • Besonders gesund sind Fischarten mit dunklem Fleisch und hohem Fettgehalt, die bis zu 10-fach höhere Konzentrationen der gesunden Omega-3-Fettsäuren als weisser Fisch enthalten.
Referenzen
  1. Mohan D et al; PURE, ONTARGET, TRANSCEND, and ORIGIN investigators. Associations of fish consumption with risk of cardiovascular disease and mortality among individuals with or without vascular disease from 58 countries. Published online March 8, 2021.JAMA Intern Med. doi:10.1001/jamainternmed.2021.0036
  2. Jayedi A et al. Fish consumption and the risk of chronic disease: an umbrella review of meta-analyses of prospective cohort studies.Adv Nutr. 2020;11(5):1123-1133. doi:10.1093/advances/nmaa029
  3. Hu Y et al. Marine omega-3 supplementation and cardiovascular disease: an updated meta-analysis of 13 randomized controlled trials involving 127 477 participants.J Am Heart Assoc. 2019;8(19):e013543. doi:10.1161/JAHA.119.013543
  4. Wu et al. Dietary fats and cardiometabolic disease: mechanisms and effects on risk factors and outcomes. Nat Rev Cardiol. 2019;16 (10):581-601. doi:10.1038/s41569-019-0206-1
  5. Manson JE, Cook NR, Lee IM, et al; VITAL Research Group. Marine n-3 fatty acids and prevention of cardiovascular disease and cancer. N Engl J Med. 2019;380(1):23-32. doi:10.1056/ NEJMoa1811403
  6. Nicholls SJ, Lincoff AM, Garcia M, et al. Effect of High-Dose Omega-3 Fatty Acids vs Corn Oil on Major Adverse Cardiovascular Events in Patients at High Cardiovascular Risk: The STRENGTH Randomized Clinical Trial.JAMA. 2020;324(22): 2268-2280. doi:10.1001/jama.2020.22258
  7. Mozaffarian D et al. Mercury exposure and risk of cardiovascular disease in two U.S. cohorts. N Engl J Med. 2011;364(12):1116-1125. doi:10.1056/NEJMoa1006876
  8. Mozaffarian D, Shi P, Morris JS, et al. Mercury exposure and risk of hypertension in US men and women in 2 prospective cohorts. Hypertension. 2012;60(3):645-652. doi:10.1161/ HYPERTENSIONAHA.112.196154)
  9. Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit. BAG (abgerufen am 8.3.2021)
  10. EFSA provides advice on the safety and nutritional contribution of wild and farmed fish. European Food Safety Authority, veröffentlicht am 4.7.2005, abgerufen am 8.3.2021)
  11. Mozaffarian D. Fish, Cardiovascular Disease, and Mortality-What Is the Global Evidence? JAMA Intern Med. 2021 May 1;181(5):649-651. doi: 10.1001/jamainternmed.2021.0045.