Ohne einheitliche Definition und Messinstrumente fehlen verlässliche Zahlen zur Häufigkeit des Burnout-Syndroms, berichten Martin Kramuschke, Psychologe am Universitätsklinikum Leipzig, und Kollegen (1).
In der ICD-10 wird Burnout als Zusatzdiagnose erwähnt, aber nicht weiter ausgeführt. Mit der ICD-11 ist Burnout als qualifizierende Diagnose festgehalten, jedoch nur in einer ergänzenden Kategorie und nicht unter den psychischen Störungen. Es bleibt daher keine eigenständige psychiatrische oder somatische Diagnose.
Burnout entsteht durch chronischen Stress am Arbeitsplatz, der nicht erfolgreich bewältigt wird.
Dieser Zustand zeigt sich durch:
Kritiker bemängeln, dass sich das Burnout-Syndrom ausschliesslich auf den beruflichen Kontext bezieht, und nicht auf Überlastungen im Haushalt, bei der Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen (siehe Kasten unten).
Arbeitsbedingte Faktoren stehen im Verdacht, Burnout zu verursachen. Dazu gehören:
Eigenschaften wie hohes Selbstwertgefühl, Optimismus und Resilienz können vor Burnout schützen, während Neurotizismus oder eine externe Kontrollüberzeugung das Risiko erhöhen.
Die Autoren heben das Maslach Burnout Inventory (MBI) und die Burnout-Screening-Skalen (BOSS) I–III als wertvolle Messinstrumente hervor. Bei anderen, ursprünglich englischsprachigen Instrumenten fehlt die deutsche Validierung.
Weitere Diagnostikmöglichkeiten bieten Instrumente, die arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM) evaluieren. Es gibt auch Burnout-Messinstrumente für spezielle Berufsgruppen wie Beschäftigte in medizinischen und sozialen Berufen oder Lehrer. Einen Goldstandard zur exakten Erfassung des Burnout-Syndroms gibt es jedoch nicht.
Beim Vorliegen eines Burnout-Syndroms können zahlreiche weitere Symptome auftreten, die sich mit anderen psychischen Störungen überschneiden. Eine bevölkerungsrepräsentative Studie zeigte, dass 71 Prozent der an Burnout Erkrankten auch an einer psychischen Störung litten:
Die differenzialdiagnostische Abgrenzung ist eine Herausforderung, da symptomatische Überschneidungen insbesondere mit depressiven Störungen, akuten Belastungsreaktionen, posttraumatischer Belastungsstörung und Dyssomnien bestehen.
Auch mit myalgischer Enzephalomyelitis und dem chronischen Fatigue-Syndrom (ME/CFS) gibt es eine Überlappung im Kardinalsymptom der Erschöpfung, wobei ME/CFS als somatische Erkrankung gilt.
Zu den somatischen Erkrankungen, die mit Burnout assoziiert sein können, gehören
Die Intervention sollte darauf abzielen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, etwa durch Anpassung der Arbeitsanforderungen (Verhältnisprävention). Dafür sind Gespräche mit dem Arbeitgeber nötig. Zudem geht es darum, die Symptome zu lindern, etwa durch Psychoedukation, kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden und Stressregulationstechniken. Eine begleitete, stufenweise Wiedereingliederung in die Arbeit ist meist sinnvoll.
Da die Wirkung der Intervention mit der Zeit nachlassen kann, empfehlen die Autoren in grösseren Abständen «Booster-Sessions». Gesicherte Empfehlungen zur pharmakologischen Behandlung des Burnout-Syndroms existieren nicht.
Mit Selbstfürsorge lässt sich die familiäre Resilienz stärken
Bei einer Befragung von mehr als 700 US-amerikanischen Vätern und Müttern gab mehr als jeder Zweite an, unter dem Gefühl des Ausgebranntseins zu leiden. Das liegt an überzogenen Erwartungen an sich selbst, erklären die Studienautoren. Eltern wollen viel Zeit mit ihren Kindern verbringen, gleichzeitig aber auch die Partnerschaft lebendig und das Haus sauber halten. Durch ständiges Bewerten und Vergleichen mit anderen Familien und dem, was sie über soziale Medien sehen, empfinden sie zudem grossen Druck von aussen.
Mit ihrem Perfektionismus gefährden Eltern nicht nur ihre eigene Gesundheit, sondern auch das Wohl der Kinder. Eine stärker empfundene Belastung und ein harter Erziehungsstil gingen laut den Studienergebnissen mit mehr psychischen Problemen bei den Kindern einher. Umgekehrt galt: Je weniger geplante Aktivitäten in den Familien stattfanden und je mehr freie Spielzeit die Eltern mit ihrem Nachwuchs verbrachten, desto seltener traten Ängste, Depressionen oder ADHS auf.
Die Autoren empfehlen, sich vom Ideal der perfekten Eltern zu verabschieden – denn die gibt es nicht. Wenn Mütter und Väter mehr auf sich selbst achten und einen positiven Erziehungsstil pflegen, profitiert die ganze Familie.