Wirkt mehr als nur der Glaube?

Die Wissenschaft hinter Homöopathie

In der Schweiz nutzen etwa 10% der Bevölkerung homöopathische Therapien, in Deutschland sogar bis zu 60%. Von den Anwendern berichten 48%, dass ihnen die Mittel geholfen haben, 39% stellen fest, dass sie nicht immer halfen, und nur 9% sagen, sie hätten gar nicht geholfen. Diese Erfahrungen unterscheiden sich nicht wesentlich von denjenigen mit Medikamenten der klassischen Schulmedizin.

Medizinische Kräuter und Tinkturen für Alternativ-Medizin stehen zwischen Sträuchern.
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Die Herstellung homöopathischer Mittel

Homöopathische Mittel werden durch schrittweises Verdünnen und Schütteln (Potenzieren) hergestellt. Bei hohen Potenzen ist rein rechnerisch kein Molekül der Ausgangssubstanz mehr im Endprodukt vorhanden. Dies führt oft zu Skepsis und Zweifeln an der Wirksamkeit von homöopathischen Arzneimitteln.

Wissenschaftliche Studien zur Homöopathie

«Entgegen der weit verbreiteten Meinung gibt es durchaus wissenschaftliche Belege zur Wirksamkeit der Homöopathie», erklärt Prof. Baumgarnter. Eine Datenbank der Universität Bern enthält über 600 klinische Studien, darunter mehr als 450 randomisierte, kontrollierte Studien (RCTs), dem Goldstandard zur Untersuchung von Arzneimittelwirkungen in der Medizin.

Als Beispiele nennt Prof. Baumgartner eine Studie bei COPD-Patienten mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung. Bei diesen Patienten konnte das homöopathische Mittel Kalium bichromicum C30 die Zeit am Beatmungsgerät von durchschnittlich 6 auf 3 Tage reduzieren. Das sei beeindruckend. Oder eine Studie bei Patienten mit Kreuzbandrissen: Nach einer Kreuzband-Operation konnte Arnica D30 die Schwellungen und Schmerzen signifikant reduzieren.

Eine Auswertung verschiedener hochwertigen Studien bei Kindern mit Durchfall zeigte, dass individualisierte Homöopathie die Dauer und Intensität von Durchfall bei Kindern verringern kann, und eine im British Medical Journal veröffentlichte Metaanalyse fand positive Effekte bei der Behandlung von Allergien mit homöopathischen Mitteln.

Es gäbe aber auch Studien, die keine Wirkung zeigten. Beispielsweise half Arnica D30 nicht gegen Muskelkater bei Langstreckenläufern. «Das zeigt, dass homöopathische Mittel – wie andere Medikamente auch – ihre Wirksamkeit nur entfalten können, wenn sie korrekt und in der passenden Indikation eingesetzt werden», so Prof. Baumgartner.

Homöopathie in der Praxis

Klinisch Studien sind das eine. Aber wie schneiden die homöopathischen Mittel in der Praxis, das heisst im wirklichen Leben, ab? Vergleichsstudien in der Hausarztmedizin haben gezeigt, dass Patienten mit der homöopathischen Behandlung oft zufriedener waren als mit konventioneller Schulmedizin.

Ausserdem konnten die Ärzte dank dem Einsatz von homöopathischen Mitteln bei bestimmten Erkrankungen die Verschreibung von Antibiotika und entzündungshemmenden, schmerzlindernden Medikamenten reduzieren. Das hilft, Antibiotikaresistenzen vorzubeugen und den Arzneimittelkonsum (und damit die Gesundheitskosten) zu reduzieren.

Grundlagenforschung zur Homöopathie

Interessanterweise zeigen Studien, dass die Effekte homöopathischer Mittel mit der Komplexität des untersuchten Organismus zunehmen. Will heissen: Bei einfachen Zellkulturen sind kaum Effekte nachweisbar, während bei komplexeren Organismen wie zum Beispiel Mäusen oder Ratten deutlichere Wirkungen beobachtet werden können.

Eine Studie zeigte beispielsweise, dass Gelsemium C9 bei Mäusen zu ähnlich mutigen Verhaltensweisen führte wie die Gabe des klassischen Arzneimittels Valium®. In einer anderen Studie konnte die Behandlung mit homöopathischen Mitteln das Wachstum von Prostatatumoren bei Ratten reduzieren. Interessanterweise zeigte sich dieser Effekt nur im lebenden Organismus, nicht aber bei direkter Behandlung der Tumorzellen im Reagenzglas.

Regulation statt Intervention

Diese Beobachtungen legen nahe, dass homöopathische Mittel möglicherweise nicht direkt auf zellulärer Ebene wirken, sondern eher regulierend auf den gesamten Organismus. Prof. Baumgartner bezeichnet dies als «Regulationsmedizin» im Gegensatz zur konventionellen «Interventionsmedizin». Die Interventionsmedizin greift direkt in den Körper ein, um ein Problem zu beheben.

Es braucht einen Wirkstoff, der nach dem «Schlüssel-Schloss-Prinzip» genau auf den entsprechenden Rezeptor im Körper passt, den man beeinflussen will. Im Gegensatz dazu versucht die Regulationsmedizin, den Körper von innen heraus zur Selbstheilung anzuregen. Hierbei wird der Körper nicht direkt verändert, sondern sanft angestossen, damit er seine Selbstheilungskräfte aktiviert und sein inneres Gleichgewicht wiederherstellen kann. Man benötigt also nicht ein konkretes Molekül wie z. B. einen Wirkstoff, sondern eine entsprechende Information, die zum Zustand des Gewebes passt, das man beeinflussen möchte.

Da hochpotenzierte homöopathische Präparate keine messbaren Mengen der ursprünglichen Substanz mehr enthalten, würde ihre Wirkung nach Auffassung der Regulationsmedizin also nicht über einen Stoff, sondern über eine Information vermittelt werden. Doch kann man diese in homöopathischen Arzneimitteln gespeicherte Information auch physikalisch nachweisen?

Physikalisch messbare Eigenschaften

Forscher haben verschiedene Untersuchungen und Messungen durchgeführt, um der Information in hochverdünnten Homöopathika auf die Spur zu kommen: NMR-Relaxationszeiten, UV-Absorption, Thermolumineszenz und elektroma­gnetische Impedanz, um nur einige zu nennen. Es handelt sich dabei um völlig unterschiedliche und unabhängige wissenschaftliche Methoden, die jedoch alle in eine ähnliche Richtung zeigen: In homöopathischen Lösungen, die zur Herstellung homöopathischer Mittel verwendet werden, verhalten sich die Wasserstoffbrücken anders als erwartet. Wasserstoffbrücken sind schwache Anziehungskräfte zwischen den Molekülen.

Normalerweise hängt die Stärke der Wasserstoffbrücken von der Temperatur ab. Je höher die Temperatur, desto schwächer die Wasserstoffbrücken, desto stärker bewegen sich die Wassermoleküle. In homöopathischen Lösungen bewegen sich die Wassermoleküle schneller, als das aufgrund der vorherrschenden Temperatur der Fall sein dürfte. Diese erhöhte Bewegung der Wassermoleküle muss demnach auf eine andere, bisher unbekannte Form von nicht-thermischer Energie zurückzu­führen sein.

«Diese nicht-thermische Energie fungiert als Träger einer Information, die eine regulative Wirkung auf unseren Körper hat, sofern diese Energie zum aktuellen Zustand des Organismus passt», fasst Prof. Baumgartner zusammen.

So normal wie das Handy

Das sei keine Esoterik, sondern Physik, betont Prof. Baumgartner. Die immaterielle, also nicht an Materie gekoppelte Informationsübertragung ist allgegenwärtig: Licht, Schall, Wärmestrahlung, Radiowellen und elektromagnetische Wellen (Handys!) sind zur Grundlage der modernen Zivilisation geworden und werden schon längst nicht mehr hinterfragt. Mit vielen Anwendungen der Regulationsmedizin wird es eines Tages ebenso sein.