Mit gesunder Ernährung und genug Schlaf

Depressionen vorbeugen

Einen Burn-out verhindern, gut schlafen, sich mediterran ernähren – es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Depressionsrisiko zu mindern. Keine wirklich gute Idee ist es hingegen, auf Supplemente zu setzen.

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8. Aug. 2022
Woman holding a slice of cucumber
gpointstudio/gettyimages

Weg von der reinen Therapieperspektive, hin zur Prävention: Dieser Ansatz wird in der Psychiatrie immer stärker verfolgt – auch im Hinblick auf die Depression. Tatsächlich gibt es mittlerweile solide Erkenntnisse, dass beispielsweise psychosoziale und -therapeutische Interventionen deren Entwicklung verhindern können. So bestätigte im letzten Jahr eine Metaanalyse von neun randomisierten klinischen Studien, dass psychologische, schulische und E-Health-Interventionen sowie körperliche Aktivität Depressionen vorbeugen können, berichtet Professor Dr. ­Erich ­Seifritz von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich­ (1).

Diskutieren in der Gruppe schützte vor Burn-out

Auch eine Arbeit der Mayo Clinic in Rochester gab wertvolle Hinweise: Darin wurden balintgruppenartige Diskussionsrunden durchgeführt, in denen sich angestellte, burnoutgefährdete Ärztinnen und Ärzte im Verlauf von sechs Monaten alle zwei Wochen trafen (2). «Burn-out ist ein ganz hoher Risikofaktor für die Entwicklung einer klinisch relevanten Depression», erinnert Dr. Seifritz. Ein halbes Jahr nach der letzten Sitzung zog man Bilanz und verglich mit einer Kontrollgruppe ohne Gesprächsangebot.

Insgesamt hatten 125 Mediziner an der Studie teilgenommen. Die Burn­out- bzw. Depressionsrate war in der Interventionsgruppe um jeweils knapp 13 Prozent zurückgegangen, während sich in der Kontrollgruppe ein leichter Anstieg abzeichnete (+1,9% bzw. +1,1%). Der Anteil derjenigen, die es für recht bis sehr wahrscheinlich hielten, in den folgenden zwei Jahren die Klinik zu verlassen, sank in der Diskussionsgruppe um knapp 2 Prozent ab, in der Kontrollgruppe hatte er dagegen signifikant um 6,1 Prozent zugenommen.

Olivenöl und Fisch gegen die Depression

Ein weiterer Ansatzpunkt, um Depressionen vorzubeugen, ist die Ernährung. Dass sich das Risiko durch mediterrane Kost senken lässt, zeigt eine aktuelle Studie auf Basis einer repräsentativen US-amerikanischen Stichprobe (3). Ausgewertet wurden die Daten von mehr als 11.000 Erwachsenen. Knapp 8 Prozent von ihnen litten unter einer mittelschweren bis schweren Depression gemessen anhand des Patient Health ­Questionnaire-9 (PHQ-9).

Es stellte sich heraus, dass die Gefahr umso geringer war, je mediterraner sich die Teilnehmer ernährten, berichtet Prof. Seifritz. Dieses Ergebnis hatte auch dann Bestand, wenn Einflussfaktoren wie soziodemographischer und Gesundheitsstatus, Lebensstil und CRP bei der Analyse berücksichtigt wurden.

Typischerweise weist mediterrane Kost einen niedrigen inflammatorischen Index auf. Und genau der wurde in einer chinesischen Arbeit als präventiver Faktor im Hinblick auf die Entwicklung einer Depression identifiziert (3).

Für 7.870 Patienten mit chronischen Erkrankungen berechnete man diesen Index anhand des Ernährungsverhaltens und stellte fest, dass Teilnehmer in der Quintile mit dem höchsten Wert ein erhöhtes Risiko für eine Depression hatten. Die Odds Ratio (OR) lag für diejenigen mit einem Diabetes bei 1,73, für Hypertoniker bei 1,93 und für KHK-Patienten bei 2,65. Vor allem für Menschen unter 60 Jahren und Männer zeigte sich eine lineare Beziehung.

Supplemente halfen nicht

Keinen positiven Einfluss auf die Gefahr, schwermütig zu werden, hat dagegen die Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D, berichtete Prof. Seifritz und verwies auf die Ergebnisse einer US-amerikanischen Studie mit mehr als 18.300 Teilnehmern im Alter über 50 Jahren (5). Initial zeigte keiner von ihnen klinisch relevante depressive Symptome. Knapp 1.700 hatten zwar schon eine Depressison durchgemacht, aber in den vorangegangenen zwei Jahren keine Therapie benötigt.

Im Median fünf Jahre lang nahmen die Probanden täglich ein Fischölpräparat mit 465 mg Eicosa­pentaensäure plus 375 mg Docosahexaensäure sowie 2.000 IE Vitamin D3 ein oder Placebo. Am Ende zeigte sich für keines der beiden Supplemente ein präventiver Effekt. Tatsächlich gab es in der Omega-3-Fettsäuren-Gruppe sogar mehr Depressionen als unter Placebo (13,9 versus 12,3 Fälle pro 1.000 Personenjahre).

Psychisch krank zu sein bleibt ein Stigma

Ganz wichtig in der Vorbeugung ist der Schlaf, mahnt Prof. Seifritz darüber hinaus. Insomniepatienten sollte man auch deshalb möglichst effektiv behandeln. Schlafedukation reicht dafür aber womöglich nicht aus. In einer aktuellen Studie (6) behandelte man 291 Insomniepatienten ab 60 Jahren über zwei Monate entweder mit einer auf die Schlafstörung ausgerichteten kognitiven Verhaltenstherapie (n = 156) oder mit Schlafedukation (n = 135). Keiner der Teilnehmer war depressiv oder hatte im vorangegangenen Jahr eine schwere Krankheit durchgemacht. Durch die kognitive Verhaltenstherapie gelang es, das Depressionsrisiko im Vergleich zur Schlafedukation hochsignifikant zu senken. Der präventive Effekt war zudem mit einem Rückgang der Schlafstörung verbunden.

Ein für Prof. Seifritz wichtiger Aspekt der Studie: In der Gruppe der kognitiven Verhaltenstherapie war die Krankheit kein Thema, die Teilnehmenden wurden nicht als potenziell Depressive angesprochen, sondern als reine Insomniepatienten. Dies habe eine grosse Bedeutung, weil psychische Erkrankungen immer noch mit einem Stigma behaftet seien, betont der Züricher Psychiater.

Referenzen
  1. 12. Psychiatrie-Update-Seminar, 25.-26. März 2022, Frankfurt
  2. West CP et al. Colleagues Meeting to Promote and Sustain Satisfaction (COMPASS) Groups for Physician Well-Being: A Randomized Clinical Trial. Mayo Clin Proc. 2021 Oct;96(10):2606-2614. doi: 10.1016/j.mayocp.2021.02.028.
  3. Oddo VM et al. Adherence to a Mediterranean Diet Is Associated with Lower Depressive Symptoms among U.S. Adults. Nutrients. 2022 Jan 11;14(2):278. doi: 10.3390/nu14020278. 
  4. Jiang C et al. Dietary inflammatory index and depression risk in patients with chronic diseases and comorbidity. J Affect Disord. 2022 Mar 15;301:307-314. doi: 10.1016/j.jad.2022.01.008.
  5. Okereke OI et al. Effect of Long-term Supplementation With Marine Omega-3 Fatty Acids vs Placebo on Risk of Depression or Clinically Relevant Depressive Symptoms and on Change in Mood Scores: A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2021 Dec 21;326(23):2385-2394. doi: 10.1001/jama.2021.21187. 
  6. Irwin MR et al. Prevention of Incident and Recurrent Major Depression in Older Adults With Insomnia: A Randomized Clinical Trial. JAMA Psychiatry. 2022 Jan 1;79(1):33-41. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2021.3422.