Wechseljahre

Bereit für eine neue Lebensphase?

Als Wechseljahre bezeichnet man den Übergang zwischen der fruchtbaren und unfruchtbaren Phase im Leben einer Frau. Der Fachausdruck «Klimakterium» stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet «Leitersprosse» oder «Lebensstufe». Manchmal wird der Begriff auch mit «kritischer Lebensabschnitt» übersetzt − das lassen wir gelten. Aber ein Abstieg bedeuten die Wechseljahre sicher nicht!

Portrait of happy mature women standing together in park
Morsa Images/gettyimages

Seit Menschengedenken kommt für jede Frau rund um den Globus zwischen 45 und 55 Jahren der Moment, da ihre Fruchtbarkeit zu Ende geht und die Menopause beginnt. Es ist schwer nachzuvollziehen, weshalb dieser universelle und natürliche Vorgang in unserer Gesellschaft selbst unter Frauen so negativ belegt ist und «sie ist in den Wechseljahren» furchteinflössender klingt als «sie liegt in den Wehen».

Ungewöhnlich jung

Bei der aktuellen Lebenserwartung verbringen Frauen mindestens einen Viertel ihres Lebens in der «Menopause». Wenn man bedenkt, dass fast alle Säugetiere ihre Fruchtbarkeit bis zu ihrem Lebensende beibehalten, ist dieser frühe Übergang zur Unfruchtbarkeit höchst ungewöhnlich und ein spannendes Forschungsgebiet. Einige Forscher sehen darin einen evolutionsbiologischen Sinn.

Der vorzeitige Schlussstrich mit riskanten Schwangerschaften, Geburten und zehrenden Stillzeiten hat nicht nur die eigenen Überlebenschancen erhöht, sondern auch die Hände frei gemacht, um bei der «Aufzucht» weiterer Generationen tatkräftig mitzuhelfen.

Auch heute tragen Grossmütter (und Grossväter natürlich auch) durch die Fürsorge ihrer Enkelkinder viel zum Wohlergehen junger Familien bei, was kaum möglich wäre, wenn sie selbst noch Kleinkinder zu versorgen hätten. Doch das ist vielleicht nur ein schwacher Trost, wenn man gerade mitten in einer Hitzewallung steckt.

Hitzewallungen und Schweissausbrüche

Ob wir schwitzen oder frieren, entscheidet das Gehirn. Im Temperaturzentrum befindet sich eine Art Temperatursensor. Er bestimmt den Temperaturbereich, in welchem sich unsere Körpertemperatur bewegen soll. Wenn sich die Temperatur im Körperinnern um mehr als 0,4 °C ändert, wird Alarm ausgelöst. Ist die Temperatur zu hoch, öffnet der Körper die Blutgefässe der Haut (das Gesicht wird rot), sodass sich das Blut beim Vorbei­fliessen an der Körperoberfläche abkühlen kann.

Sinkt die Temperatur zu tief ab, beginnt der Körper zu zittern, um mithilfe der Muskelarbeit Wärme zu bilden. Während den Wechseljahren schwankt die Östrogenkonzentration stark und unvorhersehbar. Das verursacht Fehlermeldungen im Temperatursensor. Kleinste Temperaturanstiege im Körperinnern, die normalerweise unbedeutend sind, lösen eine übermässige Empfindung von Hitze und eine entsprechend heftige Reaktion zur Abkühlung aus: die Hitzewallung.

Hitzeattacken stoppen

Bei manchen Frauen sind die Beschwerden so ausgeprägt, dass eine Therapie gewünscht wird. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten: Die Hormonersatztherapie ersetzt die Geschlechtshormone, die während den Wechseljahren immer weniger werden. Die Hormonersatztherapie ist die wirksamste Therapie gegen Hitzewallungen, sie ist jedoch auch mit Risiken verbunden, die individuell sehr unterschiedlich sein können.

Eine weitere Therapiemöglichkeit sind Serotonin-Wiederaufnahmehemmer zur Erhöhung der Serotoninkonzentration im Gehirn. Es handelt sich hierbei um dieselben Medikamente, die auch zur Behandlung einer Depression eingesetzt werden, doch macht man sich bei der Behandlung von Hitzewallungen einen anderen Effekt zunutze.

Eine Alternative zu diesen Medikamenten stellen pflanzliche Arzneimittel dar. Dabei wird zwischen Pflanzen unterschieden, die eine östrogenähnliche Wirkung aufweisen wie z. B. Rotklee (Trifolium pratense), die wilde Yamswurzel (Dioscorea villosa) oder Soja und solchen, die ihre Wirkung über andere Mechanismen entwickeln, wie z. B. die Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) oder Salbei (Salvia officinalis). Traubensilberkerze und Salbei haben den Vorteil, dass sie keine östrogenähnliche Wirkung entfalten und dadurch auch keine negativen Auswirkungen in diesem Zusammenhang zu befürchten sind.

Die Traubensilberkerze wurde schon von den Indianern traditionell als Mittel zur Behandlung von Wechseljahrbeschwerden eingesetzt. Mittlerweile ist ihre Wirkung zur Linderung von Hitzewallungen, Schweissausbrüchen und Schlafstörungen in modernen Studien erwiesen. Die Pflanze kann ausserdem viele psychische Auswirkungen der Wechseljahre wie beispielsweise Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen lindern.

Bisher wurde angenommen, dass die in der Traubensilberkerze enthaltenen Triterpene eine östrogenartige Wirkung entfalten. Heute weiss man, dass die Wirkung nicht über östrogenähnliche Effekte, sondern über das Neurotransmittersystem zustande kommt.

Salbei wurde traditionell vor allem in der Mundheilkunde und bei Halsentzündungen eingesetzt. Salbei beruhigt aber auch den überempfindlichen Thermostaten im Gehirn und bremst die Schweissproduktion, so werden Hitzewallungen und Schweissausbrüche reduziert. Diese und andere Mittel können durch Produkte aus der Komplementär- und Alternativmedizin ergänzt werden.

Beschwerden im Intimbereich

Hitzewallungen und Schweissausbrüche sind nicht die einzigen Beschwerden vor und nach den Wechseljahren. Durch die Veränderungen im Hormonhaushalt wird die Vaginalschleimhaut zu wenig befeuchtet und fühlt sich trocken an. Die Scheidentrockenheit erhöht das Risiko für Infektionen und kann beim Liebesleben sehr störend sein. Gleitgele ermöglichen ein beschwerdefreies Liebesleben, lösen das Problem aber nicht.

Besser ist es, wenn die Vaginalschleimhaut mit regelmässiger Intimpflege dauerhaft aufgebaut und regeneriert wird. Bei sehr ausgeprägten Beschwerden kann es sinnvoll sein, die Schleimhaut mithilfe von östrogenhaltigen Medikamenten wiederaufzubauen. Oft kann die Hormontherapie nach einer gewissen Zeit wieder gestoppt werden, ohne dass die Beschwerden im selben Ausmass zurückkehren. Vor allem dann, wenn die Scheide weiterhin sorgfältig gepflegt und mit Feuchtigkeit versorgt wird.

Alles braucht seine Zeit

Es kann eine Weile dauern, manchmal sogar Jahre, bis sich Körper und Psyche an die neue Situation gewöhnt haben, aber die Natur verschafft uns die notwendige Zeit. Und was sich so lange in der Menschheitsgeschichte bewährt hat, wird auch etwas Gutes haben. Es ist der Übergang zu einem neuen Stand – eine Stufe weiter oben auf der Leitersprosse des Lebens.