Wie Nikotin im Körper wirkt
Der in der Zigarette verbrannte Tabak setzt Rauchpartikel mit Nikotin frei, die durch das Einatmen in die Lunge transportiert werden [2]. Das Nikotin gelangt dabei über die Mundschleimhaut und die Lunge sehr rasch ins Blut: Nach einem Zug aus der Zigarette erreicht das Nikotin über den arteriellen Blutkreislauf innerhalb von 10 bis 20 Sekunden das Gehirn. Würde es ins Blut gespritzt werden, wäre es also viel langsamer. Über die Inhalation ist das Nikotin also viel schneller im Gehirn, als es beispielsweise wäre, wenn es ins Blut gespritzt würde. Rund 5 Minuten nach Beginn des Rauchens einer Zigarette erreicht die Menge des Nikotins im Blut ihren Spitzenwert [3].
Effekte im Gehirn
Im Gehirn entfaltet das Nikotin seine Wirkung im sogenannten mesolimbischen System, dem Sitz unseres Belohnungszentrums. Dort bindet das kleine Molekül an nikotinische Acetylcholin-Rezeptoren (ACh-Rezeptoren) und aktiviert diese dadurch. Die ACh-Rezeptoren haben lange Fortsätze, mit denen sie in den sogenannten Nucleus accumbens im Vorderhirn reichen. Die dort sitzenden Nervenzellen schütten nach Nikotinkontakt den Botenstoff Dopamin aus, der für die Empfindung von Glücksgefühlen sorgt.
Die Erhöhung des Dopaminspiegels wird von Rauchern als angenehm und beruhigend empfunden, senkt Angst und Stress, und verbessert die Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit. Neben Dopamin werden durch das Nikotin auch die Botenstoffe Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und Glutamat im Gehirn freigesetzt. Diese stossen Lernprozesse an, die eine positive Erinnerung an das Rauchen aufbauen, und dadurch die Nikotinabhängigkeit fördern [4].
Effekte in anderen Teilen des Körpers
Auch in anderen Teilen des Körpers, wie in den Muskeln, Nebennieren und im peripheren Nervensystem befinden sich nikotinische ACh-Rezeptoren. Die Zellen in diesen Körperregionen schütten nach Kontakt mit Nikotin weitere Botenstoffe aus, darunter Cortisol, Serotonin, Adrenalin und Noradrenalin [2, 5-8]. Dadurch löst Tabakrauch neben seinen Effekten im Gehirn auch im restlichen Körper bestimmte Reaktionen aus. Eine Stimulation der Adrenalin-Ausschüttung durch Nikotin steigert beispielsweise die Zucker- und Fettverbrennung – und erhöht damit den Energieumsatz [9, 10]. Das erklärt, warum Raucher nach dem Absetzen der Zigarette als erstes einmal zunehmen. Ausserdem unterstützt Nikotin über eine Stimulation des Parasympathikus die Darmtätigkeit, was die Verdauung anregt. Hören Menschen auf zu rauchen, leiden sie daher häufig unter Verstopfung [11].
Warum es zu Entzugssymptomen kommt
Hat Nikotin erst einmal an seinen Rezeptor gebunden, kann es nicht wie der körpereigene Ligand Acetylcholin von dem dafür vorgesehenen Enzym Cholinesterase abgebaut werden. Dadurch bindet das Nikotin länger an den Rezeptor als Acetylcholin [12], und hält den Erregungszustand der Zelle länger aufrecht. Es kommt zu einer verlängerten Dopaminausschüttung. Mit der Zeit verlassen jedoch auch die Nikotinmoleküle den Rezeptor. Dauert es zu lange bis zur nächsten Zigarette, fehlt der „Nachschub“ und der Rezeptor bleibt unbesetzt. Daraufhin stellen sich Entzugssymptome wie Unruhe, Angst, schlechte Stimmung und Konzentrationsprobleme ein [13, 14].
Was in den Stunden nach der letzten Zigarette passiert
Nikotin wird mit einer Halbwertszeit von rund zwei Stunden von der Leber abgebaut und schliesslich über die Blase ausgeschieden [3]. Bereits während es abgebaut wird, steigert sich das Rauchverlangen wieder: Die Rezeptoren im Gehirn wollen mit neuen Nikotin-Molekülen versorgt werden, um durch deren Sättigung das erwünschte Wohlgefühl zu behalten.
Typischerweise ist daher das Bedürfnis nach einer Zigarette am Morgen am grössten, wenn die Nikotinspiegel während des Schlafes gesunken sind, und sich Entzugssymptome bemerkbar machen. Über den Tag verteilt bis in den Nachmittag rauchen die meisten RaucherInnen wiederholt, um auf eine gleichbleibende Nikotinkonzentration zu kommen, bei der Entzugssymptome unterdrückt sind [2]. Um Entzugssymptome zu vermeiden, ruft das Gehirn von RaucherInnen beim Rauchen zusätzlich belohnende Wirkungen für bestimmte, mit dem Rauchen verbundene Eindrücke hervor. Wenn also durch das Aufrechterhalten eines ausreichenden Nikotinspiegels Entzugssymptome verhindert werden, vertieft sich etwa die Vorliebe etwa für den Geschmack des Tabakrauchs und das Gefühl des Inhalierens [2].