Die E-Zigarette könnte den Erfolg von Rauchentwöhnungen verbessern.

Raucherentwöhnung mit oder ohne Hilfsmittel ?

Höhere Abstinenzrate bei der Raucherentwöhnung dank E-Zigaretten

Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Diese alte Redewendung lässt sich auch auf die Raucherentwöhnung übertragen. Trotz entsprechendem Bewusstsein über die Schäden des Rauchens und trotz guter Vorsätze scheitern die meisten Raucher daran, ihre schlechte Gewohnheit langfristig abzulegen. Die E-Zigarette, als schadensmindernde Alternative zum Zigarettenkonsum, könnte die Abstinenz unterstützen, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Aus früheren Studien ist bekannt, dass E-Zigaretten den sogenannten Nikotinersatztherapien (Pflaster, Kaugummis, Sprays etc.) hinsichtlich Abstinenzraten überlegen sind.

Doch viele Raucher greifen beim Rauchstopp auf keine Hilfsmittel oder lediglich eine Beratung zur Raucherentwöhnung zurück. Diesen Umstand berücksichtigte nun eine aktuelle Studie, die im New England Journal of Medicine publiziert und unter anderem vom Schweizerischen Nationalfond finanziert wurde.

Endpunkte Abstinenz und Sicherheit

Die Studie umfasste 1.246 Probanden, randomisiert aufgeteilt auf eine Interventionsgruppe (n=622) und eine Kontrollgruppe (n=624). Alle Teilnehmer waren erwachsene Raucher, die mindestens fünf konventionelle Zigaretten rauchten und einen Rauchstopp beabsichtigten. Die Probanden der Interventionsgruppe erhielten kostenlose E-Zigaretten, E-Liquids und Raucherentwöhnungsberatung inklusive wahlweise eine Nikotinersatztherapie.

Die Beratung umfasste eine kognitive Verhaltenstherapie, Motivationsgespräche und Gespräche zu medikamentösen Therapieoptionen und Nikotinersatztherapien. In der Kontrollgruppe war lediglich eine Raucherentwöhnungsberatung und ein Gutschein über 50 CHF vorgesehen, den die Teilnehmer z.B. für den Erwerb von Produkten aus dem Bereich der Nikotinersatztherapien verwenden konnten.

Als primärer Endpunkt definiert war die nach sechs Monaten bestehende Abstinenz von konventionellen Zigaretten, welche die Forscher labordiagnostisch validierten. Hierbei wurden entweder Urinproben auf Anabasin untersucht – ein Alkaloid aus Tabak – oder die Menge des ausgeatmeten Kohlenmonoxids gemessen.

Da E-Zigaretten mitunter zu einer längeren Nutzung verleiten, untersuchten die Forscher auch die Sicherheit dieser Produktgruppe als Teil der sekundären Endpunkte. Hierzu zählten Atemwegssymptome, unerwünschte und schwere unerwünschte Ereignisse. Letztere waren definiert als Ereignisse, die zur Hospitalisierung führten, die eine Arbeitsunfähigkeit oder den Tod nach sich zogen. Ein weiterer sekundärer Endpunkt war die von den Probanden berichtete Abstinenz von sämtlichen Formen des Nikotinkonsums nach sechs Monaten.

E-Zigaretten unterstützen Abstinenz

Die Studie bestätigte die Wirksamkeit von E-Zigaretten im Sinne höherer Abstinenzraten im Vergleich zur Kontrollgruppe. So erreichten 28,9 Prozent der Probanden der Interventionsgruppe einen validierten kontinuierlichen Rauchstopp, wohingegen dieses Ergebnis nur 16,3 Prozent der Kontrollgruppe erzielten (Relatives Risiko 1,77; 95%-Konfidenzintervall 1,43–2,20; siehe Abb.).

Für den Datenpunkt Abstinenz an den letzten sieben Tagen vor der finalen Untersuchung (nach sechs Monaten) betrug der Anteil der Teilnehmer in der Interventionsgruppe 59,6 Prozent, und 38,5 Prozent in der Kontrollgruppe. Vollständig auf jeglichen Nikotinkonsum verzichteten 20,1 Prozent der Probanden der Interventionsgruppe und 33,7 Prozent der Kontrollgruppe. Die Teilnehmer der Interventionsgruppe mieden dementsprechend zwar nachhaltig das Rauchen konventioneller Zigaretten, blieben jedoch zum Teil auch nach sechs Monaten bei alternativen Formen des Nikotinkonsums, v.a. E-Zigaretten.

Grafik Wirksamkeit Abstinenz vom Tabakrauchen

Abb. 1: E-Zigaretten zusätzlich zur Beratung zur Raucherentwöhnung erhöhen die Abstinenzraten relativ zur alleinigen Beratung.

Nebenwirkungen unter E-Zigaretten

Die mit E-Zigaretten erzielten höheren Abstinenzraten vom Tabakrauchen sind also mehr dem Umstieg auf diese alternative Produktgruppe geschuldet als dem gänzlichen Nikotinverzicht. Dieses Ergebnis unterstreicht nochmals die Bedeutung der Untersuchung des Sicherheitsprofils von E-Zigaretten. So traten unerwünschte Ereignisse bei 43,7 Prozent der Probanden der Interventionsgruppe und bei 36,7 Prozent der Kontrollgruppe auf. Schwere unerwünschte Ereignisse lagen mit 4,0 Prozent (Intervention) und 5,0 Prozent (Kontrolle) auf einem vergleichbaren Niveau.

Die Studienautoren ziehen das Fazit, dass E-Zigaretten zusammen mit einer Beratung zur Raucherentwöhnung die Abstinenzraten im Vergleich zur alleinigen Beratung erhöhen. Die Untersuchung der Sicherheit zeigte, dass auch E-Zigaretten nicht nebenwirkungsfrei sind.

Datenlage unterstützt Einsatz von E-Zigaretten zur Rauchentwöhnung

Im Editorial derselben Ausgabe des New England Journal of Medicine kommentierte Dr. Nancy A. Rigotti, Tobacco Research and Treatment Center, Massachusetts General Hospital und Harvard Medical School, Boston, die Studienergebnisse. Die Expertin betont, dass die gewonnene Datenlage den Einsatz von E-Zigaretten zur Rauchentwöhnung im Praxisalltag unterstütze – insbesondere bei Rauchern, die auf anderem Weg erfolglos hinsichtlich des Rauchstopps geblieben sind.

Im Studienkontext durfte die Kontrollgruppe zwar optional Nikotinersatztherapien nutzen, doch ein direkter Vergleich zwischen den Abstinenzraten unter E-Zigaretten und anderen Hilfsmitteln floss nicht in die Analysen ein. Dr. Rigotti sprach sich für die Gegenüberstellung von E-Zigaretten und Vareniclin in künftigen Untersuchungen aus. Auch sei zu prüfen, inwiefern E-Zigaretten zusätzlich zu Medikamenten zur Rauchentwöhnung deren Wirkung hinsichtlich Abstinenz fördern.

Über den sechsmonatigen Studienzeitraum hinaus sei es laut Dr. Rigotti nun wichtig, den Langzeiteffekt von E-Zigaretten auf die Abstinenzraten zu analysieren. Daher werde die geplante fünfjährige Nachbeobachtungszeit weitere wichtige Erkenntnisse liefern.

Zieloffene Suchtprävention nach dem Prinzip der Schadensminderung

Ein vielversprechendes Konzept in der Raucherentwöhnungsberatung ist das Prinzip der zieloffenen Suchtprävention. Dieser Ansatz strebt zwar prioritär die Abstinenz an, doch berücksichtigt er auch schadensmindernde Alternativen als einen Teil der Suchtberatung. Denn E-Zigaretten und andere rauchfreie Nikotinprodukte können die Abstinenzraten erhöhen und ihr Schadenspotenzial ist als erheblich geringer als jenes von konventionellen Zigaretten einzu-schätzen.

Oft beginnt ein Gespräch zum Rauchstopp beim Hausarzt oder einer Stelle zur Suchtprävention. Hierbei sollte es auch um alternative Produkte samt entsprechender Abstinenzraten gehen. Liegt nun der Wille zum Rauchstopp vor, gilt es, die Nikotinsucht zu evaluieren. Der Hausarzt kann nun den Fagerström-Test durchführen, der ab einem Ergebnis von sechs Punkten zu einer Kostenerstattung durch die Krankenkasse bei den Medikamenten zur Entwöhnung qualifiziert.

Die Schadensminderung ist ein Konzept, das sich in vielen Bereichen bewährt hat. Prominente Beispiele sind die weltweiten Methadon-Programme und Kampagnen zum Thema Safer Sex. Die United Nations haben die Bedeutung der Schadensminderung erkannt und rufen daher zur Umsetzung auf. Restriktive Massnahmen und Verbote haben sich in Bezug auf die Regulierung von Substanzen mit Suchtpotenzial oftmals wenig bewährt. Eine Alternative ist die Schadensminderung, die sich mit rauchfreien Nikotinprodukten erzielen lässt. Nikotinhaltige Produkte als Alternative zur Zigarette stehen häufig im Fokus öffentlicher Diskussionen. Meist geht es hierbei um den Jugendschutz und potenzielle, derzeit unerkannte Gesundheitsrisiken. Den Schutz von Kindern und Jugendlichen und die Forschung an alternativen Nikotinprodukten gilt es weiter voranzutreiben. Schadensminderung soll allen Teilen der Bevölkerung zugutekommen.