Depressive Frau vergräbt ihren Kopf in den Händen

Bei Depression

Warum Antidepressiva schlucken?

Eine Depression ist keine Befindlichkeitsstörung und kein Zeichen von Schwäche, sondern eine behandlungsbedürftige Erkrankung des Zentralnervensystems, die lebensgefährlich sein kann und professionelle Hilfe erfordert.

Menschen mit Depressionen sind in einer Endlosschlaufe von negativen Gefühlen gefangen. Dabei wünschen sie sich nichts mehr, als sich wieder «normal» zu fühlen und das gesamte Spektrum menschlicher Emotionen empfinden zu können: Nicht nur Traurigkeit, sondern auch Freude, wenn gute Dinge geschehen. Eine Depression ist eine Krankheit und nichts Selbstverschuldetes. Man kann sich auch nicht «zusammen­reissen», um aus dieser Negativspirale auszubrechen. Eine Depression muss behandelt werden.

Depressionen sind auch keine Erfindung der Neuzeit. Die heutige Bezeichnung der Krankheit wurde zwar erst um die Jahrhundertwende vom Psychiater Adolf Meyer geprägt und verbreitet. Doch bereits Hippokrates erkannte im 5. Jahrhundert vor Christus die Symptome einer anhaltenden Niedergeschlagenheit als Krankheit und Folge biologischer Ursachen. Er nannte die Krankheit «Melancholie».

Eine gefährliche Erkrankung

Menschen mit Depression fühlen sich niedergeschlagen, traurig und antriebslos. Sie verlieren Freude und Interesse an Dingen, die ihnen zuvor Spass gemacht haben. Sie werden lustlos, passiv, schränken ihre sozialen Kontakte ein und haben vielleicht auch Angst. Das Konzentrieren wird schwierig und die Gedanken rotieren. Es ist nicht so, dass diese Menschen es nicht anders wollen würden – sie können es effektiv nicht. Viele fühlen sich deshalb als Versager oder haben sogar Suizidgedanken.

Der Körper kann mit Schlaf-, Appetit- oder Sexualstörungen, Schmerzen, Herz-Kreislaufstörungen reagieren, für die keine organische Ursache gefunden werden kann. Die schlimmste Auswirkung einer Depression ist die Selbsttötung. 10 bis 15 % aller Patienten mit wiederkehrenden schweren depressiven Phasen sterben durch Suizid.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Betroffene rasch fachliche Hilfe in Anspruch nehmen. Doch häufig erkennen sie selbst als letzte, was mit ihnen geschieht. Es kann deshalb hilfreich sein, wenn das Umfeld oder Angehörige Betroffene auf ihre Stimmungslage ansprechen.

Depressionen ohne erkennbar Ursache

Dass der Verlust eines Familienmitglieds, der Arbeitsstelle oder schwere Krankheit zur Depression führen können, ist wohl für alle nachvollziehbar. Es gibt aber auch Depressionen, die scheinbar aus dem Nichts kommen und nicht das Ergebnis schwieriger Lebensumstände oder anhaltenden Stresses sein können. In solchen Fällen ist das Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn nicht auf psychische, sondern auf körperliche Ursachen zurückzuführen.

Bei dieser Form der Depression treffen Betroffene oft auf wenig Verständnis für ihren Zustand. Sie werden vielleicht sogar als undankbar oder faul abgestempelt. Ein «Reiss Dich doch zusammen» ist völlig fehl am Platz, und auch das Abwarten bis zum Abklingen der Symptome ist keine Lösung. Der der einzig wirksame Weg zur Verbesserung von Befindlichkeit und Lebensqualität sind eine medikamentöse Behandlung, Psychotherapie und Begleitmassnahmen wie beispielsweise regelmässige Bewegung. Es ist deshalb sehr wichtig, dass Betroffene professionelle Hilfe erhalten.

Depression als Folge von permanentem Stress

Auch hohe berufliche oder private Belastungen und permanenter Stress können eine Depression auslösen. Schaut man sich die Gehirne von Patienten mit Depressionen im MRI an, fällt oft ein reduziertes Volumen des Hippocampus auf. Der Hippocampus ist der Bereich des Gehirns, der fürs Gedächtnis und Lernen wichtig ist.

Unklar ist, ob diese Reduktion des Hippocampus die Ursache oder die Folge von Depressionen ist. Bekannt ist jedoch, dass permanenter Stress zur Freisetzung des Stresshormons Cortisol führt, welches längerfristig toxische Auswirkungen auf Nervenzellen hat und das Gehirn zum Schrumpfen bringen kann. Dank Neuroplastizität, also der Fähigkeit von Nervenzellen, sich den jeweils aktuellen Anforderungen entsprechend zu verändern, kann ein verkleinerter Hippocampus mithilfe von Entspannung, Meditation, Gedächtnistraining und anderen Übungen zur Förderung der Kognition regeneriert werden.

Depression als Folge anderer Erkrankungen

Depressionen können körperliche oder seelische Ursachen haben. Manchmal werden Depressionen durch bereits bestehende, andere Krankheiten ausgelöst oder verstärkt. Dazu zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen oder Eisenmangel. Das kann dazu führen, dass die Depression übersehen wird.

Medikamente gegen Depression

Antidepressiva sind eine Zufalls­entdeckung aus den 1950er Jahren. Die Chemikalie namens Iproniazid war ursprünglich zur Behandlung von Tuberkulose gedacht. Überraschenderweise verbesserte Iproniazid auch die Stimmung und den motorischen Antrieb der Tuberkulose-Patienten. Gewonnen wurde Iproniazid damals aus Hydrazin, das während dem Zweiten Weltkrieg als Treibstoff verwendet wurde.

Heute steht eine Vielzahl moderner und deutlich besser verträglicher Antidepressiva zur Verfügung, sowohl aus der Schul- als auch der Pflanzenmedizin. Bei leichten bis mittelschweren Depressionen wirkt Johanniskraut gleich gut wie ein synthetisches Medikament. Allerdings ist Johanniskraut nicht gleich Johanniskraut. Fragen Sie in der Apotheke nach einem Präparat, das keine Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln verursacht.

Die Wirkung der Antidepressiva setzt meist erst nach ein paar Wochen ein. Es ist nicht selten, dass verschiedene Medikamente ausprobiert werden müssen, bis das passende gefunden ist. Es braucht also etwas Geduld. Verbessert sich die Stimmungslage, ist es wichtig, dass die Antidepressiva weiterhin während mindestens einem halben Jahr regelmässig eingenommen werden, um die Heilung zu verfestigen.